Immer wieder klingelte bei Paul S.* (79) das Telefon. Der Anrufer versprach ihm das Blaue vom Himmel herunter: Wenn er Aktien der Impfstofffirma Amvac kaufe, lockten Traumrenditen. Denn Amvac habe revolutionäre Impfstoffe entwickelt, der Börsengang stehe kurz bevor.
«Irgendwann wurde ich schwach», erinnert sich Paul S. Er kauft Aktien für 35’000 Franken. Doch dann fängt der Telefonterror erst richtig an. Paul S. steckt insgesamt 360’000 Franken in Amvac-Aktien. Vor einem Jahr geht die Firma pleite. Das Geld ist futsch.
Paul S. ist kein Einzelfall. Mit Amvac-Aktien haben fast 1000 Personen knapp 70 Millionen Franken verloren, wie aus der Geschädigten-Orientierung der Zuger Staatsanwaltschaft hervorgeht. 24 Millionen Franken flossen an Ex-Amvac-Chefin Melinda K.* (45).
Die Verkäufer der Aktien sackten sogar 35 Millionen ein. Sie zwackten Provisionen von über 50 Prozent für sich ab. «Eine Schweinerei», empört sich Paul S. «Hätte ich das gewusst, hätte ich nie Amvac-Aktien gekauft.»
Besonders dick im Geschäft war die Zürcher Firma Global Equity Associates (GEA). Fast die Hälfte der Provisionen kassierte sie. Ex-Präsident Christof U.* (44) steckte laut Staatsanwaltschaft knapp drei Million in den eigenen Sack.
Dabei ist seine Firma nur ein Call-Center: Eine Truppe von Verkäufern ohne Finanzausbildung dreht Privatanlegern wie Paul S. Aktien an. Auch Aleksandar Gavric (31), der Zwillingsbruder von Bachelor Vujo Gavric, arbeitete laut «Handelszeitung» für die GEA. Allerdings in der Administration, als Telefonverkäufer war er nicht unterwegs.
«Die Verkäufer gehen extrem aggressiv vor»
«Die Verkäufer gehen extrem aggressiv vor und spinnen ein Netz von Lügen», sagt S.’ Anwalt Reto Wildeisen (52). «Für unerfahrene Anleger ist es fast unmöglich, das zu durchschauen.»
Die «Weltwoche» hatte U. einst als Finanzgenie bejubelt. «Nach der Wirtschaftsmatur heuerte ich als Fichenjunge bei der alten Börse an», erzählte er. Dann habe er sich selbständig gemacht und Millionen verdient. Alles erfunden: Im wahren Leben scheiterte er schon an der Matur, als Unternehmer ist er ein Serienpleitier. Mindestens sieben Firmen, an denen er beteiligt war, wurden liquidiert.
Amvac, Nicstic, Ipco, Max Entertainment: Das sind die Namen einiger Firmen, die in den letzten Jahren Tausende von Kleinanlegern ausnahmen. Aggressive Verkäufer drehen gutgläubigen Privatpersonen per Telefon angeblich attraktive Aktien dieser Firmen an. Oder sie drängen sie wie im Fall von Ipco in ein Schneeballsystem. Verdealt wurden die Aktien im Fall Amvac von der Global Equity Associates und der Salfried AG. Die Vermittler zweigen rund die Hälfte des Verkaufspreises ab, geben sich am Telefon aber meist als Vertreter der Firmen aus, deren Aktien sie verkaufen. «Für Privatanleger gibt es eine einfache Regel», sagt der Zürcher Anwalt Reto Wildeisen: «Kaufen Sie nie! Egal, was Ihnen der Verkäufer am Telefon verspricht, es ist hoch riskant und oft irreführend. Egal, wie nett er ist, lassen Sie sich nicht in ein Gespräch verwickeln, sondern hängen Sie gleich den Hörer auf!»
Amvac, Nicstic, Ipco, Max Entertainment: Das sind die Namen einiger Firmen, die in den letzten Jahren Tausende von Kleinanlegern ausnahmen. Aggressive Verkäufer drehen gutgläubigen Privatpersonen per Telefon angeblich attraktive Aktien dieser Firmen an. Oder sie drängen sie wie im Fall von Ipco in ein Schneeballsystem. Verdealt wurden die Aktien im Fall Amvac von der Global Equity Associates und der Salfried AG. Die Vermittler zweigen rund die Hälfte des Verkaufspreises ab, geben sich am Telefon aber meist als Vertreter der Firmen aus, deren Aktien sie verkaufen. «Für Privatanleger gibt es eine einfache Regel», sagt der Zürcher Anwalt Reto Wildeisen: «Kaufen Sie nie! Egal, was Ihnen der Verkäufer am Telefon verspricht, es ist hoch riskant und oft irreführend. Egal, wie nett er ist, lassen Sie sich nicht in ein Gespräch verwickeln, sondern hängen Sie gleich den Hörer auf!»
Die GEA hat U. auf seine frühere Lebenspartnerin überschrieben. Sie kaufte die Aktien nach seinem Privatkonkurs. Die gebürtige Marokkanerin kassierte bei der GEA 30’000 Franken im Monat für einen Bürojob, daneben mischt sie mit einer eigenen Firma im Aktienverkauf per Telefon mit.
Nach der Amvac-Pleite machte sich einer ihrer Verkäufer an Rentner Paul S. heran. «Er versprach mir, ich könnte meine Verluste wieder ausgleichen», sagt Paul S. Und prompt wurde er schwach: Für 100’000 Franken kaufte er Aktien der Firma Vexatec in Wollerau SZ. Sie stellt Sportkleider mit integrierten Sensoren her und soll vor dem grossen Durchbruch stehen.
Ob das stimmt, wird sich zeigen. Für die Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
* Namen geändert