«Balkan-Buben machen Mädchen die Schule zur Hölle» – diese Schlagzeile auf Blick.ch sorgte für Gesprächsstoff. Auch an einer Schule in der Zürcher Agglo.
Blick.ch besuchte zwei 3. Klassen, 25 Schüler, 16 Schülerinnen, alle mit Migrationshintergrund. Zuerst waren die Jungs dran.
«Wir sind gar nicht so»
Als erstes ergreift Nikola das Wort: «Ich habe mich beleidigt gefühlt. Das hat mich getroffen. Wir sind gar nicht so. Bei uns ist die Frau in der Familie das Wertvollste, was man hat.»
Seine Kollegen pflichten ihm bei. Sie würden Frauen mit Respekt behandeln. Bei ihm Zuhause sei sogar die Mutter der Chef, sagt einer. Als sie gefragt werden, wer zu Hause mithelfen muss, strecken alle die Hände in die Höhe.
Treue ist wichtig
Doch Mädchen als Schlampen, Fotzen und Nutten bezeichnen, gibts das nicht an dieser Schule? Einige sagen nein, andere müssen kichern. «Natürlich gibt es solche, die das machen, das gibt es überall», sagt dann Bleon. Auch «Fick deine Mutter» werde oft gesagt, aber das habe gar keine Bedeutung mehr, sagt ein anderer.
Was macht denn eine gute Frau aus? «Sie muss schön sein, einen guten Charakter haben», sagt einer. Was heisst einen guten Charakter haben? «Anständig sein, keine Schlampe. Treue ist sehr wichtig.»
Die Hälfte der Jungs ist normal
Dann sind die Mädchen dran. Dort klingt es ein bisschen anders. Auch sie wehren sich gegen den Ausdruck Balkan-Macho. Die Situation werde übertrieben dargestellt und es seien nicht nur Jungs vom Balkan. Aber das mit den Beleidigungen, das stimme schon.
«Sobald eine mit einem Jungen redet, ist sie gleich eine Nutte. Wenn sie grosse Brüste hat eine Schlampe. Das ist einfach krass», sagt Ivana.
Es seien zwar nicht alle so. Von 20 Jungs seien im Schnitt etwa vier besonders schlimm, dazu kommen nochmals so viele Mitläufer, die andere Hälfte sei normal, sagt Carolina.
Doch wie gehen die Mädchen damit um? Ignorieren oder zurückgeben? «Wenn ich mich angegriffen fühle, gebe ich zurück, manchmal ist es mir einfach egal», meint Leonora.
«Das macht dich fertig»
Doch nicht alle können es so gelassen nehmen. «Wenn du immer wieder Schlampe, Schlampe, Schlampe hörst, dann glaubst du es irgendwann selbst, das macht dich fertig», sagt eine Schülerin. Am schlimmsten sei es, wenn dieses Mobbing sich auf die sozialen Medien ausweitet.
Und wie sieht es mit dem Frauenbild der Jungs aus? «Es gibt solche, die glauben, dass Frauen nichts wert seien und an den Herd gehören oder dass sie Jungfrauen sein müssten. Doch das ist auch eine Frage der Erziehung. Ich bin Kosovarin und bei uns Zuhause herrscht Gleichberechtigung», sagt Leonora.
Dass manche Jungs so primitiv reden, ist für sie einfach Hilflosigkeit. «Sie wissen nicht, was sie sonst sagen sollen.» (sas)