Die Schweiz schrammte wohl nur ganz knapp an einer Katastrophe vorbei: Am Donnerstag verhaftete die Tessiner Kantonspolizei den Schüler F.R.* an seinem Wohnort in der Umgebung von Bellinzona. Der 19-jährige Schweizer soll einen Amoklauf auf die kantonale Handelsschule vorbereitet haben. (BLICK berichtete)
Einen Tag nach der Festnahme ist die Stimmung auf dem Schulhof bedrückt. Es herrscht Angst, Ungläubigkeit – und Erleichterung. Hier in der Handelsschule von Bellinzona hätte es in der kommenden Woche mehrere Tote geben können.
Es wären Bilder gewesen, wie man sie sonst nur aus den USA kennt: Ein jugendlicher Amokschütze ballert wild auf seine Mitschüler und Lehrer. Massen flüchten in Panik. Grosseinsatz der Polizei. Diverse Opfer – tot oder schwer verletzt. «Wir sind haarscharf einer Tragödie entkommen», sagt Schuldirektor Adriano Agustoni zu «La Regione». Nur die Achtsamkeit eines Schülers wendet die Katastrophe ab.
Die Festnahme erfolgte am Donnerstag um 10.30 Uhr
Es ist Mittwoch, 9. Mai. Ein Teenie meldet seine Sorgen den Lehrern der Schule. Komische Botschaften von F. R.* (19) auf Snapchat irritieren. Auf Instagram zeigte sich der Schüler vor fünf Tagen mit einer Kalaschnikow auf der Schulter. Einer Schulkameradin raunt der junge Waffennarr zu: «Mach dir keine Sorgen. Bald wird sich alles lösen. Es wird eine ganze Zahl von Menschen betreffen, aber am Ende wird sich alles lösen.» Das meldet der «Corriere del Ticino». Und im Netz wirbt F. R. zudem für das US-Waffenrecht.
Die Behörden reagieren schnell. Eine kantonale Expertengruppe für Verhinderung von Massengewalt gibt sofort grünes Licht. Am Donnerstag um 10.30 Uhr nimmt die Polizei den 19-jährigen Tessiner fest. Bei der Hausdurchsuchung stossen die Beamten auf rund 20 Schusswaffen, Gewehre und Pistolen. Viele davon seien ordnungsgemäss registriert. F. R. sei ein begeisterter Sportschütze. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Vorbereitung eines Tötungsdelikts bzw. Mord.
F. R. ist in psychiatrischer Klinik und streitet alles ab
Wie das kantonale Bildungsdepartement bekannt gab, sei der Schüler in einem stark verwirrten Zustand gewesen. Und RSI berichtet, dass sich F. R. zurzeit in der psychiatrischen Klinik von Mendrisio TI aufhalte. Der Schüler dementiert unterdessen, je eine Bluttat geplant zu haben.
Noch am Donnerstagabend gegen 21 Uhr erfuhren die Schüler einer dritten Klasse offiziell das Unfassbare: Ihr Kollege F. R. soll ein potenzieller Amokläufer sein. Warum? Die Frage war wohl die meistgestellte auf dem Schulhof am Donnerstag.
F. R. ist weder ein Schulversager noch ein Aussenseiter. Ganz im Gegenteil. Er gilt als brillanter Schüler mit guten Beziehungen zu den Lehrern, sagt der Direktor. Im letzten Jahr erhielt er sogar einen Preis für seine schulischen Leistungen. Auch in der Klasse war F. R. beliebt.
Der Unterricht an der Handelsschule erschie gestern nur noch zweitrangig. Die Direktion verspricht psychologische Unterstützung für die Gemeinschaft. Denn noch immer stehen Schüler, Lehrer und Eltern unter Schock.
* Name von der Redaktion geändert