Die Christdemokraten sind die neuen Sozialdemokraten: Sie zoffen sich so offen, wie es sonst nur die Genossen tun. Die Harmonie der CDU scheint komplett dahin.
Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer (57) steht mächtig unter Druck. Erst vergangenen Dezember beerbte AKK ihre Förderin Angela Merkel (65) an der Parteispitze, setzte sie sich knapp gegen den konservativen Ex-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (63) durch. Nur elf Monate später sägte Junge-Union-Chef Tilmann Kuban (32) ganz offen an ihrem Stuhl. In der Sitzung des CDU-Bundesvorstands stellte er am Montag die Führungsfrage. Auslöser: die Landtagswahl in Thüringen am Tag zuvor, bei der die CDU um 11,7 Prozent absackte.
Später ruderte Kuban zwar zurück, doch AKKs Rückhalt in der Partei bröckelt. Denn das miese Ergebnis in Thüringen ist nur eine von Kramp-Karrenbauers jüngsten Katastrophen.
1. Wahl-Desaster
Die CDU-Chefin fährt einen Wahlverlust nach dem anderen ein. Nicht nur in Thüringen, auch bei den Wahlen in Sachsen und Brandenburg im September schnitt die Union schlecht ab. Bei der Europawahl im Mai gab es das schlechteste Ergebnis jemals. Dabei hatte AKK einst selbst mit einem Wahlcoup beeindruckt, als sie im Frühjahr 2017 aus fast aussichtsloser Position die Landtagswahl im Saarland mit einem deutlichen Plus gewann.
2. Bundeswehr-Mängel
AKK übernahm von der baldigen EU-Chefin Ursula von der Leyen (61) das Verteidigungsministerium. Und mit ihm gleich eine ganze Mängelliste: Pannen-Panzer, Pannen-Gewehre, Pannen-Flieger. Im Sommer starben bei einem Eurofighter-Unglück und einem Helikopter-Absturz zwei Piloten. Auf wenig Verständnis stiess AKK ausserdem mit der Forderung nach freien Bahnfahrten für Uniformierte.
3. Syrien-Eklat
Über die Medien lancierte Kramp-Karrenbauer ihren Vorschlag, eine international kontrollierte Sicherheitszone in Nordsyrien einzurichten. Im Idealfall sollen Blauhelmtruppen der Vereinten Nationen die Konfliktparteien trennen und den Kampf gegen die IS-Kämpfer wiederaufnehmen. Lob gab es für den Vorstoss zwar vom Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Doch sie düpierte damit den Koalitionspartner SPD, den sie vorher nicht mal über ihre unausgereifte Idee informierte. Entsprechend fiel ihr Aussenminister Heiko Maas (SPD, 53) in Ankara in den Rücken.
Hat die Kanzlerin auf die falsche Frau für ihre Nachfolge gesetzt? Nur noch wenige ihrer Parteifreunde trauen Merkels Kronprinzessin die Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl zu. Und die steht möglicherweise schon früher an, als erst 2021. Dann nämlich, wenn die SPD nach der Wahl des neuen Spitzenduos schneller als die CDU zu ihrer Einheit zurückfindet – und die Grosse Koalition aufkündet.
