Russland
Ukraine sieht sich vom Europarat gestärkt - Die Nacht im Überblick

Im Bemühen um russische Reparationszahlungen für die verheerenden Kriegsschäden in der Ukraine sieht sich Kiew vom Europarat gestärkt.
Publiziert: 18.05.2023 um 10:24 Uhr
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht per Video-Übertragung beim Gipfel des Europarates in Reykjavik. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Foto: KAY NIETFELD

«Es ist wichtig, dass Europa im Interesse eines ehrlichen Friedensplans so geeint ist», sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch in seiner allabendlichen Videoansprache. Zuvor hatten die 46 Staaten des Europarats zum Abschluss eines Gipfeltreffens in Island mehrere Beschlüsse mit Signalwirkung gefasst: Sie verabschiedeten ein Register für Kriegszerstörungen in der Ukraine, forderten die Rückkehr aller nach Russland deportierten Kinder und die Einrichtung eines Sondertribunals. Am Donnerstagmorgen gab es dann erneut landesweiten Luftalarm, aus der Hauptstadt Kiew wurden Explosionen von Luftabwehrraketen gemeldet.

Selenskyj dankt Europa für Unterstützung

«Der Europarat hat eine wichtige Entscheidung getroffen: Die endgültige Entschliessung des Gipfels in Island unterstützt die ukrainische Friedensformel», sagte Selenskyj. Er danke allen Staats- und Regierungschefs Europas und allen Mitgliedstaaten des Europarats für ihre Haltung.

Die Schäden des seit fast 15 Monaten andauernden Angriffskriegs sollen vom Europarat dokumentiert werden, um Russland dafür zur Rechenschaft ziehen zu können. 40 der 46 Staaten der - von der Europäischen Union unabhängigen - Organisation erklärten sich in Islands Hauptstadt Reykjavik dazu bereit, dem Schadensregister beizutreten oder dies in der Zukunft zu tun. Die Türkei, Ungarn, Aserbaidschan und Serbien wollen sich vorerst nicht beteiligen. Das Register gilt als erster Schritt auf dem Weg zu möglichen Entschädigungszahlungen an die Ukraine.

Selenskyjs Friedensformel beinhaltet unter anderem die Forderung nach einem vollständigen Abzug aller russischen Truppen von der Schwarzmeer-Halbinsel Krim und aus den anderen besetzten Gebieten der Ukraine. Daneben sieht sie Reparationsforderungen an Russland sowie Pläne für ein internationales Tribunal vor, dass für den Krieg verantwortlichen Politikern und Militärs den Prozess macht.

UN-Generalsekretär zu Getreideabkommen: «Gute Nachricht für die Welt»

UN-Generalsekretär António Guterres hat die Verlängerung des Getreideabkommens zwischen Russland und der Ukraine als «gute Nachricht für die Welt» bezeichnet. Zwar seien einige Fragen noch offen, Vertreter der Ukraine, Russlands, der Türkei und der Vereinten Nationen bemühten sich aber um Lösungen, sagte Guterres in New York. Das Abkommen sei wichtig für die globale Ernährungssicherheit - und weil es zeige, dass «es sogar in der dunkelsten Stunde immer einen Hoffnungsschimmer gibt und eine Möglichkeit, Lösungen zu finden, die allen helfen».

Zuvor hatte die türkische Regierung mitgeteilt, dass sich Russland und die Ukraine auf eine zweimonatige Verlängerung des Getreideabkommens geeinigt hätten. Vertreter beider Länder bestätigten das Fortbestehen des von den UN vermittelten Getreidekorridors bis zum 18. Juli. Er erlaubt kontrollierte Getreideausfuhren aus den Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdennyj (Juschny).

Chinesischer Sondergesandter zu Gesprächen in Ukraine

Chinas Sondergesandter Li Hui hat in der Ukraine Gespräche für eine Friedenslösung im Krieg mit Russland geführt. Aussenminister Dmytro Kuleba habe ihn detailliert über «Prinzipien der Wiederherstellung eines beständigen und gerechten Friedens» informiert, teilte die ukrainische Regierung am Mittwoch mit. Kuleba habe betont, dass die Ukraine «keine Vorschläge akzeptiert, die einen Verlust ihres Territoriums oder ein Einfrieren des Konflikts vorsehen».

Es war das erste Mal seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022, dass China einen hochrangigen Diplomaten in das von Russland angegriffene Land schickte. Li wird nun in Moskau erwartet, wo im März schon Staatspräsident Xi Jinping von Kremlchef Wladimir Putin empfangen worden war. China wird grosse Nähe zum Aggressor Russland vorgeworfen und stiess in der Vergangenheit auch mit einem Vorstoss zur Befriedung des Konflikts auf breite Kritik, weil die darin ausgedrückte Haltung Pekings als einseitig russlandfreundlich gewertet wurde.

Drei Tote bei russischem Beschuss von Cherson - Fünf Tote in Donezk

Bei einem russischen Artillerieangriff auf die Region Cherson im Süden der Ukraine wurden am Mittwoch mindestens drei Menschen getötet. Unter den Opfern sei ein fünfjähriger Junge, berichteten ukrainische Medien unter Berufung auf örtliche Behörden. Bei dem Angriff auf das Dorf Seleniwka habe es auch zwei Schwerverletzte gegeben.

Im Osten der Ukraine sollen fünf Menschen im russisch kontrollierten Donbass infolge des Beschusses durch ukrainische Streitkräfte getötet worden sein. Ausserdem habe es bei den Angriffen in der Region Donezk 23 Verletzte gegeben, berichtete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf örtliche Behörden. Unabhängig lassen sich die Angaben zu den Ereignissen im Kriegsgebiet nicht überprüfen.

Moskau: Patriot-Batterie bei Kiew zerstört - USA: Nur beschädigt

Die US-Regierung bestreitet die russische Darstellung zur angeblichen Zerstörung eines Patriot-Flugabwehrsystems laut US-Medienberichten. Die Batterie zur Verteidigung der Hauptstadt Kiew sei nur leicht beschädigt worden und weiterhin einsetzbar, hiess es in den Berichten unter Verweis auf anonyme Militärquellen.

Das russische Militär bekräftigte hingegen seine Behauptung, ein beinahe komplettes Patriot-System zerstört zu haben. Wie das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch unter Berufung auf «zuverlässig bestätigte Daten» bekräftigte, seien bei dem Angriff am 16. Mai mit einer Hyperschallrakete vom Typ «Kinschal» (Dolch) neben dem Radar-Leitsystem der Batterie auch fünf Abschussrampen zerstört worden. Auch diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Am Donnerstagmorgen informierten die Behörden in Kiew einmal mehr über abgefangene Raketen. Drei Stadtteile auf dem Ostufer des Dnipro seien betroffen gewesen. Ein unbewohntes Gebäude sei durch abstürzende Trümmer in Brand geraten. Über mögliche Opfer wurde vorerst nichts bekannt.

Was bringt der Tag

An den Fronten im Osten der Ukraine sind erneut schwere Kämpfe zu erwarten.

(SDA)

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