Medusa und Golunows Anwalt wiesen die Anschuldigung zurück. Sie warfen den Behörden vor, Golunow für seine Recherchen bestrafen zu wollen. In Moskau demonstrierten rund hundert Menschen gegen die Festnahme, einige wurden vorübergehend festgesetzt. Menschenrechtler äusserten sich empört.
Bei Golunows Festnahme am Donnerstag im Stadtzentrum von Moskau seien in seinem Rucksack fast vier Gramm der psychoaktiven Designerdroge Mephedron gefunden worden, erklärte die Polizei. Ein weiteres Päckchen mit Drogen und eine Waage wurden demnach in der Wohnung es 36-Jährigen entdeckt.
Es seien Ermittlungen wegen Drogenhandels und -herstellung eingeleitet worden. Bei einer Verurteilung drohen Golunow bis zu 15 Jahre Haft. Am Samstag soll der Journalist einem Haftrichter vorgeführt werden.
Bei Protesten von Unterstützern Golunows vor der Polizei-Zentrale in Moskau wurden nach dem Bericht eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP mehrere prominente oppositionelle Journalisten festgenommen, darunter Ilja Asar und Oleg Kaschin. Nach mehreren Stunden kamen sie wieder auf freien Fuss.
Golunows Anwalt Dmitri Dschulai erklärte, sein Mandant sei im Gefängnis zwei Mal von Polizisten geschlagen worden. «Zahlreiche Faktoren» liessen darauf schliessen, dass die Drogen dem 36-Jährigen ohne dessen Wissen untergeschoben worden seien.
Medusa kritisierte die Festnahme als gezielte Aktion, um Golunow für seine kritische Berichterstattung zu bestrafen. Schon in den vergangenen Monaten sei er wegen seiner Recherchen bedroht worden. Um sich der russischen Zensur zu entziehen, hat die Nachrichten-Website ihren Sitz im benachbarten EU-Mitgliedstaat Lettland. Einige ihrer Reporter wohnen jedoch in Russland.
In einem offenen Brief forderten hunderte russische Journalisten Golunows sofortige Freilassung. Sie seien überzeugt, dass er Zielscheibe einer «plumpen und haarsträubenden Provokation» geworden sei, schrieben sie.
Der Kreml erklärte, er sei über den Fall informiert worden. Der Bürgermeister von Moskau ordnete an, dass die Ermittlungen unter direkter Aufsicht des Polizeichefs der Hauptstadt erfolgen sollen. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, sich dem Fall «ausführlich» zu widmen.
Medusa-Geschäftsführerin Galina Timtschenko bezeichnete Golunow als einen der «bekanntesten Investigativ-Journalisten Russlands". Es bestehe «Grund zu der Annahme, dass er wegen seiner journalistischen Arbeit verfolgt wird".
Die Organisation Reporter ohne Grenzen zeigte sich «sehr beunruhigt» wegen der Festnahme. Das Verhalten der Polizei sei «sehr verdächtig". Amnesty International bezeichnete die gegen Golunow erhobenen Anschuldigungen als «zweifelhaft», die einem «leider altbekannten Muster» folgten. Die Vertretung der EU in Russland sowie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) äusserten sich besorgt über die Festnahme.
Russland liegt in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 149. Damit rangiert es noch hinter Mexiko, Simbabwe und Algerien.
(SDA)