«heute»: Macht Sex noch Spass, wenn man mit Tausenden von Frauen geschlafen hat?
Rocco Siffredi: «Ich kann versichern, dass ich während meiner 20-jährigen Karriere kein einziges Mal gedacht habe: Fuck, heute hab ich keine Lust, zur Arbeit zu gehen.»
Du klingst wie ein glücklicher Mann.
«Das bin ich auch. Ich habe die Welt gesehen, viele interessante Menschen getroffen, Sprachen gelernt. Und ich hatte unglaublich viel Sex mit unglaublich vielen tollen Frauen. Wahrlich, ich bereue nichts.»
Das glaube ich nicht.
«Okay, heute denke ich, dass es ein Fehler war, so viele Filme zu drehen. Von den 1300 waren 800 kompletter Schrott. 500 waren ganz okay, und ein paar wenige waren wirklich, wirklich gut.»
Was war gut daran?
«Es sind die Filme, die nur mich und meine Filmpartnerin zeigen. Stundenlanger, gefühlvoller, intimster Sex. Ehrlicher, echter Sex.»
Ehrlich und echt?
«Natürlich. Ich hasse gestellten Sex! Es muss Leidenschaft im Spiel sein, echte Gefühle. Kein lautes Gestöhne, keine Pseudo-Handlung, kein dämliches Gequatsche wie in den meisten Pornos.»
Wozu eigentlich die Rahmenhandlung?
«Weil die Regisseure meinen, sie brauchen eine Legitimation. Aber das ist natürlich Bullshit. Selbst wenn Robert de Niro in einem Porno mitspielen würde, würden die Leute nach zehn Minuten zur nächsten Sexszene spulen.»
Noch mal: Stumpft man in diesem Business nicht ab?
«Die meisten meiner früheren Kollegen sind Drogenwracks. Aber das kommt nicht vom vielen Sex, sondern von der Einsamkeit danach. Die meisten Pornodarsteller sitzen nach der Arbeit alleine zu Hause und gehen vor Einsamkeit fast ein. Sie haben kein Leben, keine Freunde und keine Interessen ausserhalb der Szene.»
Warum steigen sie nicht aus?
«Porno ist easy money. Du kannst locker 15, 20 000 Dollar im Monat verdienen – und das mit Nichtstun.»
Nichtstun würde ich es nicht nennen.
«Ich bin kein Romantiker. Porno ist ein beinhartes Business. In den USA werden im Jahr 8000 Filme gedreht, das ist Fliessbandarbeit für die Darsteller. Aber: If you don’t like it, stay out. Mir hats gefallen.»
Warum bist du dann vor drei Jahren ausgestiegen? Wollte deine Frau dich endlich für sich allein haben?
«Meine Frau sagte nie: Stopp. Ich war es. Als ich 37 wurde, sagte ich mir: Mit 40 hörst du auf.»
Aber warum?
«Es war einfach Zeit. Ich habe eine Frau, die ich über alles liebe, und zwei wunderbare Söhne. Ich will sehen, wie sie aufwachsen, mit ihnen reisen und Motocross fahren.»
Was sagst du deinen Buben, wenn sie dich nach deinem Beruf fragen?
«Noch haben sie nicht gefragt.»
Sie werden bestimmt bald.
«Dann sage ich ihnen die Wahrheit: Dass ich meinen Weg gegangen und glücklich damit geworden bin.»
Warum bist du Pornodarsteller geworden?
«Ich war dafür geboren.»
Wie bitte?
«Ich war ein miserabler Schüler. Kein Wunder: Den ganzen Tag schaute ich unter dem Pult Sex-Magazine an, masturbierte von früh bis spät. Meine Sexualität frass mich buchstäblich auf. Ich musste etwas gegen meine meine überbordende Libido unternehmen.»
Willst du sagen, dass du deshalb nicht Arzt oder Anwalt geworden? Weil du vor lauter Geilheit keine Zeit zum Studieren hattest?
«Genau.»
Du betreibst Legendenbildung!
«Es war so! Meine Mutter hätte es natürlich lieber gesehen, wenn ich Arzt geworden wäre – wer könnte es ihr verdenken!»
Schaust du dir eigentlich selber Pornos an?
«Gott behüte! Ich kenne ja jeden Darsteller persönlich.»