Mit zusammengekniffenen Augen, als sei sie das Sonnenlicht nicht mehr gewohnt, stand die ehemalige Gefängniswärterin Angela Magdici (32) gestern Nachmittag auf dem Balkon. Sie geniesst die Freiheit. Statt im Knast ist sie bei ihrer Familie im Aargau.
Am Vormittag wurde Magdici überraschend aus der Untersuchungshaft entlassen. Genau fünf Wochen nach ihrer Verhaftung in Italien.
Die Freiheit hat Angela dem Zürcher Obergericht zu verdanken. Es hiess eine Beschwerde ihres Anwalts Urs Huber gegen die Untersuchungshaft gut. Das Gericht befand, dass bei der Fluchthelferin weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr bestehe.
Vor allem sei auch das ursprüngliche Motiv der Liebesflucht, mit Häftling Hassan Kiko (27) zusammen zu sein, entfallen, sagt ihr Anwalt. «Sie ist gut vernetzt in der Schweiz und hat auch keine Absicht mehr, unterzutauchen.»
Anderer Meinung ist die Staatsanwaltschaft Limmattal-Albis. «Für uns ist das nicht ganz nachvollziehbar», sagt Staatsanwältin Claudia Wiederkehr zu BLICK. Sie wollte Magdici in Haft belassen, zumindest bis Kiko in die Schweiz zurückgekehrt ist und einvernommen wurde.
«Das Zwangsmassnahmengericht sah wie wir eine Fluchtgefahr», sagt Wiederkehr. «Das Obergericht als zweite Instanz sieht das nun anders.»
Nun ist Angela frei. Und zwar «ohne Auflagen», wie Staatsanwältin Wiederkehr sagt.
Gegenüber BLICK will sich Angela nicht über die gewonnene Freiheit und die Flucht äussern. «Sie fühlt sich gut. Zuerst will sie sich aber zurückziehen und zur Ruhe kommen», sagt Anwalt Urs Huber. «Danach wird sie sich wieder um einen Job bemühen und ein normales Leben führen. Mit allem, was dazugehört.»
Das Verfahren wegen Entweichenlassens eines Gefangenen läuft aber weiter. Dass Angela wieder ins Gefängnis muss, ist allerdings unwahrscheinlich.
Mögliche Haftentschädigung
Da sie nicht vorbestraft ist, dürfte sie nur zu einer bedingten Strafe verurteilt werden, teilt das Zürcher Obergericht mit. Auch deshalb sei es nicht angezeigt, sie weiterhin in Haft zu lassen.
So könnte Magdici gar noch für die fünf Wochen in U-Haft entschädigt werden. Erstaunlich: Immerhin hat sie einem verurteilten Vergewaltiger zur Freiheit verholfen, der wieder hätte zuschlagen können.
«Was hätte passieren können, spielt keine Rolle», sagt Anwalt Huber. «Die beiden sind einfach geflohen und untergetaucht. Jetzt sitzt Kiko wieder im Gefängnis. In diesem Sinne ist nichts passiert.»
Tatsächlich hat sich Hassan Kiko mit der Flucht selbst nicht strafbar gemacht, seine Chance auf Hafterleichterung oder vorzeitige Entlassung hat der Syrer jedoch verspielt.
Im Moment sitzt Kiko noch in Italien ein. Nächste Woche sollte er in die Schweiz überstellt werden. Dann könnte Angela ihn theoretisch besuchen. Bis ihr Hassan in die Freiheit folgen kann, wird es aber noch Jahre dauern.