«Habe den Schutz der Bevölkerung sehr hoch gewichtet»
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Staatsanwältin zu Boppelsen:«Habe den Schutz der Bevölkerung sehr hoch gewichtet»

Keine Verwahrung im Mordfall Boppelsen
Gericht verurteilt Reto D. zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe

Der Mordfall Boppelsen ZH wurde Anfang Juni am Obergericht behandelt. Nun hat das Gericht sein Urteil gefällt.
Publiziert: 21.06.2021 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2021 um 21:09 Uhr
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Reto B. (31) und seine Frau Sonja D. (31). Beide stehen vor dem Obergericht Zürich. Ihr droht für Mittäterschaft zu Mord lebenslänglich, für ihn fordert die Staatsanwältin die Verwahrung.
Beat Michel

Beim Mordfall Boppelsen ZH bestätigte das Zürcher Obergericht die lebenslange Strafe für den Haupttäter. Die Staatsanwältin konnte die Verwahrung nicht durchpauken. Auch die Komplizen können aufatmen.

Das Richterkollegium verurteilt den Haupttäter Reto D.* (31), der zwei Männer mit Klebeband erstickt hatte, zu lebenslänglich, die Noch-Ehefrau Sonja D.* (31) erhält 12 Jahre und zwei Monate, Komplize Loris O.* (38) eine Freiheitsstrafe über elf Jahre und elf Monate.

Die Staatsanwältin hatte für alle drei Protagonisten in dem Doppelmord deutlich schärfere Strafen gefordert. Der Haupttäter hätte zusätzlich zur lebenslangen Strafe verwahrt werden sollen, für die Ehefrau und den langjährigen Kumpel und Komplizen plädierte sie auf lebenslänglich.

Er schob Schuld auf «Serbenmafia»

Das Obergericht sieht aber von einer Verwahrung ab, weil die Voraussetzungen nicht gegeben seien. Der Gerichtspräsident sagte: «Der Täter leidet weder an einer psychischen Störung, noch besteht eine hohe Rückfallgefahr nach einer Entlassung aus dem Strafvollzug. Eine der beiden Bedingungen müssten erfüllt sein.»

Während dem ganzen Verfahren gab der Haupttäter immer wieder der Serbenmafia die Schuld für seine abscheulichen Taten. Auch das Obergericht glaubt aber von dieser Variante kein Wort. Die Geschichten seien nichts als haltlose Schutzbehauptungen. «Erfundene Räuberstories», sagt der vorsitzende Oberrichter. Die Schilderungen der Gangster seien schwammig und diffus, ohne jede Lebensnähe. Weder seine Frau, noch der Komplize, haben in ihren Aussagen die Existenz einer Serbenmafia bestätigt. Die Polizei habe zudem intensiv in diese Richtung ermittelt und nichts gefunden.

Bei beiden Morden ging es um die skrupellose Beseitigung von Zeugen. Einmal hatte der Haupttäter Angst vor der Familie des beraubten Mannes, bei der Tötung des Lastwagenbesitzers hatte er sich schlicht vor der Entdeckung durch die Gesetzeshüter gefürchtet. Reto D. habe die Tötungen skrupellos und ohne Emotionen vollzogen.

Fall geht möglicherweise ans Bundesgericht

Die Befragungen zu den Details der Morde sei sogar den erfahrenen Oberrichtern und Oberrichterinnen nahe gegangen, sagte der Vorsitzende des Gerichts. «Es bestand die Gefahr eines emotionalen Entscheides. Das wollten wir ganz bewusst verhindern.»

Die Taten seien besonders skrupellos ausgeführt wurden. «Die Opfer wurden, nachdem sie bereits stundenlang gefesselt waren, mit Hilfe von Klebeband erstickt. Sie erlebten über lange Zeit einen schlimmen Todeskampf.»

Die Staatsanwältin ist mit dem Urteil nicht zufrieden. «Wir prüfen einen Weiterzug an das Bundesgericht», sagte sie zu Blick. «Ich fordere die Verwahrung für den Haupttäter. Die Gesellschaft muss vor dem gemeingefährlichen Mann geschützt werden. Er ist nicht therapierbar, in Freiheit würde er wieder schlimme Taten verüben.»

*Namen geändert

Urteil im Mordfall von Boppelsen


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