Er machte 1,3 Millionen mit illegalen Schenkkreisen!
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Rentner W.* (70) vor Gericht:Er machte 1,3 Millionen mit illegalen Schenkkreisen!

Rentner W.* (70) wegen Betrugs und Geldwäsche vor Gericht
Er machte 1,3 Millionen mit illegalen Schenkkreisen!

Rentner Werner W.* (70) steht heute in Altdorf UR vor Gericht. Wegen Betrugs, unlauteren Wettbewerbs, Falschbeurkundung und Geldwäscherei. Er soll mit illegalen Schenkkreisen mehreren Opfern das Geld aus der Tasche gezogen haben.
Publiziert: 16.06.2020 um 07:07 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2020 um 12:20 Uhr
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Recherchen zeigen: Er suchte aktiv neue Leute, um sein Schneeballsystem zu füttern.
Foto: zVg
Anian Heierli

Geld verdienen, ohne zu arbeiten. Da müssten eigentlich alle Alarmglocken klingeln. Dennoch soll Werner W.* (70) mit dieser Masche gutgläubigen Personen ihr Erspartes aus der Tasche gezogen haben (BLICK berichtete). Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Er ist der Kopf hinter mehreren Schenkkreisen. Heute muss er sich dafür vor dem Landgericht UR verantworten. Wegen Betrugs, unlauteren Wettbewerbs, Falschbeurkundung und Geldwäscherei. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Bis 2017 führte W. mitten in Altdorf ein Büro für Finanzberatung. Er gab sich kumpelhaft, seriös und ging abends gerne in eine örtliche Bar, wo er Tischfussball spielte und Kontakte knüpfte. Alles sah nach sauberen Geschäften aus. Doch die Realität ist anders: Laut Anklage handelte es sich bei seinen Finanzanlagen um illegale Schneeballsysteme. «Aus der Teilnahme erzielte er zwischen 2008 und 2017 Einkünfte von mehr als 1,3 Millionen Franken», so die Staatsanwaltschaft.

Polizei führte mehre Razzien durch

Die Ermittler stützen sich auf Akten, die bei Razzien in seinem Büro in Altdorf und in seinem Wohnhaus im Kanton Tessin sichergestellt wurden. Die Unterlagen zeigen W. als Drahtzieher. «Er amtete als Ansprechperson und warb neue Mitglieder», heisst es in der Anklage. Als einziger habe er den Überblick über den Stand der Schenkkreise gehabt.

Aufgeflogen ist das Ganze nach einem Handgemenge. Der Geschädigte Hans Imholz (59) verpasste W. ein Schlag ins Gesicht, nachdem dieser ihm das Geld nicht zurückgab. Imholz besitzt in Attinghausen UR die Pouletburg. Schweizweit kennt man ihn als Güggeli-König. Doch selbst der gestandene Unternehmer ging dem mutmasslichen Betrüger auf den Leim. BLICK sagt er: «Er trat seriös auf und führte mich hinters Licht. W. gehört bestraft.»

Opfer: «Ich dachte, es ist sauber»

Neben Imholz treten elf weitere Geschädigte als Privatkläger auf. Viele verloren mehrere Tausend Franken. Recherchen zeigen: Sie dachten, es sei alles legal. «Ich glaubte an ein sauberes Geschäft und bin auf ihn reingefallen», sagte damals Franz S.* (71) zu BLICK. «W. hat behauptet, es ist kein Schneeballsystem. Er zeigte mir Dokumente der Schweizer Finanzmarktaufsicht.» Genauso ging er auch bei Sandra G.** und Roland S.** vor.

Im Nachhinein ist es den Opfern wohl peinlich. Sie teilten dem Gericht mit, nicht an der Verhandlung teilzunehmen. Diese dauerte voraussichtlich zwei Tage. Die Staatsanwaltschaft gibt an der Verhandlung bekannt, was für Sanktionen sie beantragt. Bei gewerbsmässigem Betrug droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren.

Was verboten ist und was erlaubt

Schenkkreise sind illegal. Das Verbot ist im Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb festgehalten. Strafbar macht sich, wer Prämien in Aussicht stellt, die durch das Anwerben weiterer Personen erfolgen und nicht durch den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen (Schneeball-, Lawinen- oder Pyramidensysteme). Dagegen ist das blosse «Schenken» von Geld laut Bundesgericht noch keine strafbare Handlung – auch nicht, wenn die Übergabe innerhalb eines Schenkkreises geschieht. Die aktive Suche nach neuen Mitgliedern ist aber verboten. Das gilt auch für Leute, die selbst nicht am Schneeballsystem teilnehmen. Deshalb macht sich der Veranstalter selbst strafbar. Wer vorsätzlich einen Schenkkreis betreibt, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Anian Heierli

Schenkkreise sind illegal. Das Verbot ist im Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb festgehalten. Strafbar macht sich, wer Prämien in Aussicht stellt, die durch das Anwerben weiterer Personen erfolgen und nicht durch den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen (Schneeball-, Lawinen- oder Pyramidensysteme). Dagegen ist das blosse «Schenken» von Geld laut Bundesgericht noch keine strafbare Handlung – auch nicht, wenn die Übergabe innerhalb eines Schenkkreises geschieht. Die aktive Suche nach neuen Mitgliedern ist aber verboten. Das gilt auch für Leute, die selbst nicht am Schneeballsystem teilnehmen. Deshalb macht sich der Veranstalter selbst strafbar. Wer vorsätzlich einen Schenkkreis betreibt, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Anian Heierli

* Namen der Redaktion bekannt

** Namen geändert

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