Mit leisem Sirren schwebt die Drohne über dem Lawinenkegel. Ein Empfänger an Bord fahndet nach Verschütteten. Er tastet die Frequenzen ab, auf denen Lawinensuchgeräte senden.
Plötzlich stoppt das Fluggerät, wirft eine Rauchpetarde ab. Hier also liegt der Skifahrer unter der Lawine: Jetzt wissen die Retter, wo sie graben müssen.
Die Drohne heisst Alcedo, nach dem lateinischen Namen des Eisvogels. Sie sucht selbständig nach Signalen von Verschütteten. Niemand muss sie steuern.
2010 wurde das Gerät von einer Gruppe von Studenten der ETH Zürich entwickelt. Den Sprung in den Einsatz unter Ernstfallbedingungen schaffte der Eisvogel aber nie: Mit rund zwei Kilo Gewicht und dem Preis von 2000 Franken pro Exemplar war er als Privatausrüstung – etwa für Gruppen von Freeridern – nicht massentauglich. Aber vielleicht kommt er nun bald in der Bergrettung zum Einsatz.
Bei der Suche nach Unfallopfern setzen die Hilfskräfte immer häufiger auf die fliegenden Helfer. Die Bayerische Bergwacht war beim Thema Drohnen besonders hellhörig. Seit mehreren Jahren stehen dort zehn Wagen im Einsatz, bepackt mit neuster Technologie für die Retter, die damit experimentieren.
20 bis 30 verschiedene Fluggeräte testen die Bayern zurzeit: «Drohnen sind für uns sehr spannend», sagt der stellvertretende Geschäftsführer Thomas Griesbeck (48) zu SonntagsBlick. «Unsere Leute müssen sich mit der neuen Technik auseinandersetzen, sonst verlieren wir den Anschluss.» Den Helikopter würde sie in naher Zukunft nicht ersetzen, «doch bei schwierigen Bedingungen, etwa schlechtem Wetter, ist die Drohne eine echte Alternative.»
Auch die Schweizer Rega prüft die neue Technik: «Wir erwarten, dass Drohnen bei Rettungseinsätzen als Hilfsmittel zum Einsatz kommen könnten. Bei der Suche, in der Ortung oder der Kommunikation», so Rega-Sprecher Adrian Schindler.
Die Retter sind sich einig: Mittelfristig werden Drohnen auch in der Schweiz fliegen. «Die technische Entwicklung neuer Drohnen geht in atemberaubendem Tempo voran», sagt der Bayer Thomas Griesbeck: «Das jahrhundertealte Bild aus Märchen, wo die Hexe ihren Raben zum Auskundschaften losschickt, wird Wirklichkeit.»
Heute schon können Drohnen mittels Ultraschall den Abstand zum Boden exakt messen und halten. Demnächst kommen Geräte auf den Markt, die mittels Bilderkennung ihren Weg sogar durch Wälder finden.
Selbst die unzulänglichsten Gebiete lassen sich auf diese Weise automatisch absuchen. Forscher arbeiten bereits an einer Geräte-Generation, die bei Verkehrsunfällen die Bergung von Unfallautos übernimmt.
Und – wer weiss? – vielleicht ersetzen die Drohnen in Zukunft sogar den guten alten Rettungshelikopter.