Tausende Planeten bei fernen Sternen haben Forschende entdeckt, seit Michel Mayor und Didier Queloz von der Universität Genf den ersten sogenannten Exoplaneten im Jahr 1995 nachwiesen. Am 17. Dezember um kurz vor 10 Uhr Schweizer Zeit, nur wenige Tage, nachdem Mayor und Queloz für ihre Entdeckung den Nobelpreis für Physik entgegennehmen werden, startet eine Mission, die einen genaueren Blick auf diese fernen Welten werfen soll. Es ist die erste Mission unter gemeinsamer Leitung der europäischen Weltraumorganisation ESA und der Schweiz.
Cheops (für «Characterising Exoplanet Satellite") wird an Bord einer Sojus-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana, abheben. Voraussichtlich wird auch Queloz beim Start vor Ort sein.
2008 hatten Queloz und Willy Benz von der Uni Bern das erste Mal über die Idee für Cheops diskutiert. Elf spannende Jahre später sei es nun soweit, dass die Mission starte, und er sei sehr nervös, erzählte Benz, Hauptverantwortlicher der Cheops-Mission, am Donnerstag vor den Medien in Bern. Auch er wird dem Raketenstart in Kourou beiwohnen.
Anders als vorangegangene Missionen soll Cheops nicht nach neuen Exoplaneten suchen, sondern einen genaueren Blick auf bereits bekannte werfen. Mehrere hundert Sterne mit Exoplaneten hofft das internationale Wissenschaftsteam während der geplanten Laufzeit der Mission von dreieinhalb Jahren zu untersuchen.
Ziel ist, sogenannte Transits zu beobachten, also das Vorbeiziehen des Planeten vor seinem Stern. Die winzige Helligkeitsänderung bei dieser Mikro-Sonnenfinsternis ist proportional zur Oberfläche des Planeten. Dank hochempfindlicher und extrem stabiler Lichtsensoren des Teleskops können die Forschenden diese Änderungen messen und daraus präzise den Durchmesser des Planeten ableiten.
Tatsächlich liegt das Interesse der Forschenden aber in einer anderen Eigenschaft dieser Planeten, nämlich ihrer Dichte. Diese lässt sich aus dem Durchmesser und aus anderen Beobachtungskampagnen bereits vorhandener Daten zur Masse des jeweiligen Planeten ableiten. Die Dichte gibt Einblick in seine Beschaffenheit, also ob ein Planet vorwiegend felsig ist, aus Gas besteht oder von tiefen Ozeanen bedeckt ist.
Modelle zur Planetenentstehung sagen voraus, dass es solche Ozeanplaneten geben könnte, mit Cheops könnte aber der erste Nachweis gelingen, sagte Cheops-Projektleiter Christopher Broeg im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Bei der Frage nach der Beschaffenheit liegt der Fokus auf Planeten, die im Massebereich zwischen Erde und Neptun liegen. Eine andere Frage, der Cheops nachgehen soll, betrifft Planeten, die mehr dem Jupiter ähneln, erklärte David Ehrenreich von der Uni Genf gegenüber Keystone-SDA.
Bei diesen könne Cheops beobachten, wie viel Licht der Planet beim Umrunden seines Sterns reflektiert. Starke Reflexion könnte auf weisse Wolken in der Atmosphäre hindeuten; und Veränderungen dieser Reflexion von Zyklus zu Zyklus auf die Verteilung dieser Wolken.
Letztlich stehen hinter diesen Untersuchungen grosse Fragen: Die präzisen Messungen könnten wichtige Hinweise liefern, ob ein Planet lebensfreundliche Bedingungen bietet. Die Forschenden möchten damit aber auch die bisherigen Theorien zur Planetenentstehung prüfen und erweitern.
An Cheops sind über hundert Forschende, Ingenieurinnen und Ingenieure aus elf europäischen Nationen beteiligt. Sie entwickelten und konstruierten den Wissenschaftssatelliten unter Leitung der Universität Bern. Betreiben wird ihn die Universität Genf: Das Science Operations Center befindet sich an der Sternwarte der Hochschule.
Bevor Cheops Daten liefern kann, muss jedoch zunächst der Start gelingen. Das sei ein heikler Moment, betonte Benz. Aber auch nach gelungenem Raketenstart könne noch einiges schief gehen: Vielleicht verschiebe sich durch die Vibrationen beim Start eine Linse, vielleicht gelange Staub ins Instrument.
Etwa 140 Minuten nach dem Start soll Cheops die Rakete verlassen und in einen Orbit in rund 700 Kilometern Höhe einschwenken. Dann folgen Tests, ob das Teleskop so funktioniert wie erhofft, so Benz. So richtig aufatmen könne er daher erst etwa Mitte März.
(SDA)