Raubüberfälle und Angriffe auf Wirte werden immer brutaler
Zielscheibe Beizer!

Wenn Räuber und Schläger heute auf Wirte losgehen, wirds oft blutig. Dann ist nicht nur das Geld weg, sondern man kämpft danach oft auch ein Leben lang mit körperlichen oder psychischen Problemen. Lesen Sie, was Wirten alles passieren kann.
Publiziert: 06.04.2017 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:15 Uhr
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Urs Pfäffli (57), der Wirt des Rössli-Pubs in Bleienbach BE, wäre beinahe erstochen worden.
Foto: Blick
Ralph Donghi und Gabriela Battaglia

Harte Zeiten für die Gastronomen der über 30’000 Betriebe in der Schweiz. Die zahlende Kundschaft geht zurück – aber auf manche Gäste könnten die Wirte auch gut verzichten. Angriffe durch Räuber und Rabauken werden immer blutiger.

Da werden die Wirte mit Waffen verprügelt, und wenn möglich wird ihnen auch das sauer verdiente Geld abgeknöpft. Es ist oft leicht zugänglich, vor allem an Feierabend.

Manche Wirte rüsten auf mit neuen Sicherheitssystemen. Die meisten bleiben bei den üblichen Service-Portemonnaies oder Registrierkassen – aus Spargründen. Immer mehr Wirte haben jedes Mal Angst, wenn sie das Geld in Sicherheit bringen. Oder sie hören gleich ganz auf.

Densbüren-Täter geständig

So weit ist der Wirt (62) des Riders-Pubs in Densbüren SO noch nicht. Doch der Schock steht ihm auch zwei Monate nach der brutalen Attacke noch ins Gesicht geschrieben. «Ich möchte nichts mehr dazu sagen», sagt er leise zu BLICK.

Der Wirt wollte damals nach Feierabend mit dem Geld sein Lokal durch den Hintereingang verlassen. Da tauchte ein junger Mann auf und wollte ihn ausrauben. Als das nicht klappte, schlug er dem Wirt mit einer Pistole mehrmals auf den Kopf. BLICK weiss: Es war Enrique B.* (18) aus Teufenthal AG. Er sitzt heute noch in U-Haft. Er ist geständig und mehrfach vorbestraft.

Manchmal treten die Täter in grösseren Gruppen auf. Wie bei Urs Pfäffli (57), der vor einem Jahr in seinem Rössli-Pub in Bleienbach BE überfallen wurde. «Ich hatte Angst, in den Hals gestochen zu werden», sagte er damals. Bei ihm tauchten drei Räuber auf, die ihm 10’000 Franken, Silbermünzen und eine teure Uhr klauten.

Doch am Ende stand gar eine Achter-Bande hinter dem Raub. Alles Kosovaren und Albaner. Einer von ihnen, Artan K.* (26) aus Biel BE, wurde im Kosovo gefasst und letzten Herbst an die Schweiz ausgeliefert. Der Familienvater kassierte kürzlich 26 Monate unbedingt. Die anderen beiden Täter kriegten je 24 Monate bedingt. Gegen zwei weitere wird noch ermittelt, drei sind flüchtig. 

«Schwer, diese Tat zu vergessen»

Oft sind es junge, bubenhafte Räuber. Typen, die im Leben bereits gescheitert sind. Alkoholprobleme, Drogensucht. Es sind Männer, die es nicht kümmert, dass ihre Opfer bei den Angriffen sterben könnten.

Fritz Meier (68) wäre fast gestorben. Der Wirt des Löwen in Schüpfen BE wurde im August 2010 von zwei jungen Männern brutal zusammengeschlagen, am Ende gar mit einem eisernen Aschenbecher. Und das nur, weil er sie gebeten hatte, den mitgebrachten Alkohol in der Tasche zu lassen. «Es ist schwer, diese Tat zu vergessen», sagte Meier. Er ging 2013 in Rente und will heute zurückgezogen leben. Der Hauptprügler Igor L.* (27) wurde nach verbüsster Strafe in eine geschlossene Psychiatrie gesteckt, auf unbestimmte Zeit.

Besonders hart traf es auch die langjährige Wirtin vom Gasthof Pflug in Othmarsingen AG. Sie wurde im vergangenen Januar von zwei maskierten, osteuropäisch sprechenden Männern mit Kabelbindern an einen Heizkörper gefesselt und mit Pistole bedroht. Die Täter flohen mit mehreren Tausend Franken aus dem Tresor. Auch die Wirtin kann nicht über das Erlebte sprechen. «Die Täterschaft konnte bisher nicht ermittelt werden», sagt Fiona Strebel von der Staatsanwaltschaft.

Doch Beizer müssen auch vor Stammgästen Angst haben. Ende Februar 2017 kam eine achtköpfige Fasnachts-Truppe im Tempel-Imbiss in Oberriet SG richtig in Fahrt – mit Alkohol. Laut der Frau des Wirtes Ümron Hepsagir (47) sei es «einfach so eskaliert». Der Wirt und sein Angestellter wurden übel verprügelt. Das Lokal glich einem Schlachtfeld. Die Chaoten stellten sich später.

Nur die Spitze des Eisbergs 

Oder dann dreht ein Zimmermieter durch. Vor knapp zwei Wochen legte der arbeitslose Kosovare Albaton X.* (20) aus Windisch AG im Rössli in Möriken AG ein Feuer. Er gab die Brandstiftung inzwischen zu, bleibt jedoch in U-Haft. Aber auch ein Pächter kann mal ausrasten. Vermieter Bernhard Stübi (82) aus Hausen am Albis ZH stellte im April vor einem Jahr dem Wirt Heinz F.* (59) wegen offener Zahlungen den Strom ab. Der Zuger revanchierte sich mit Prügel – und Stübi landete im Spital.

Klar ist: All diese Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Viele Wirte rufen wegen ein paar Hundert Franken Deliktsumme gar nicht mehr erst die Polizei. Aus Angst vor Rache. «Die Täter kommen nach einem erstmaligen Delikt ja eh meist wieder frei», sagt ein Wirt zu BLICK. Und fügt an: «Dann kann es richtig gefährlich werden.»

* Namen der Red. bekannt

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