Raubmord-Prozess von Horgen
Die Todfeindinnen

War die Tötung von Iris J. (88) im Altersheim Kilchberg ein Raubmord? Svetlana S. und Manuela S. beschuldigen sich vor Gericht gegenseitig.
Publiziert: 10.11.2015 um 17:12 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 04:43 Uhr
1/5
Die Vorbereitung: Der Tatablauf gemäss Anklage: Zuerst zogen die Frauen Handschuhe an.
Foto: Illustration: Igor Kravarik
Von Viktor Dammann

Was die lungenkranke Rentnerin Iris J. († 88) vor ihrem Tod in einer Novembernacht 2013 erleiden musste, lässt sich nur erahnen. Gemäss Staatsanwalt Matthias Stammbach überraschten sie zwei dunkel gekleidete Gestalten im Alterszentrum Hochweid in Kilchberg ZH im Schlaf.

Es sind Heim-Nachtpflegerin Svetlana S.* (30) und ihre Freundin Manuela S.* (26). Sie drücken der wehrlosen alten Frau laut Anklage ein mit Salmiakgeist getränktes Tuch auf Mund und Nase. Iris J. erleidet Verätzungen an Mund und Wange und erstickt. Mit 3000 Franken Bargeld, einer Uhr und Schmuck macht sich das Duo aus dem Staub.

Seit gestern stehen die Frauen wegen Raubmord (eventuell fahrlässiger Tötung und Raub) vor dem Bezirksgericht Horgen ZH. Einst waren sie beste Freundinnen. Heute sind sie sich spinnefeind und würdigen sich keines Blickes. Die arbeitslose Kioskverkäuferin Manuela S. gibt die Tat zwar zu – will aber komplett unter Kokaineinfluss gehandelt haben. Die Idee zur Tat sei von Svetlana gekommen. Sie habe gesagt: «Wollen wir nicht bei uns einbrechen? Ich habe die Schlüssel geklaut.»

Gerichtspräsident Reto Nadig will es genau wissen: «Und was war mit dem Salmiakgeist?»

Manuela S. antwortet: «Damit sollte die Person nur betäubt werden, damit sie weiterschläft.» Unter heftigem Schluchzen schildert die Verkäuferin, wie sie zu zweit in das Parterre-Zimmer eindrangen: «Svetlana benässte das Tuch. Dann gingen wir zu der schlafenden Frau. Ich hielt ihr das Tuch gegen Mund und Nase. Sie hat mit dem Arm gezuckt, dann ist er erschlafft.» Später habe Svetlana vermutlich nochmals dasselbe gemacht.

«Das Geld haben wir geteilt. Später gingen wir zusammen festen», sagt die Kioskfrau. Noch etwas später ging es mit der Beute auch noch ins Kasino.

Die Version von Svetlana S. tönt anders: «Mein Geständnis habe ich nur gemacht, damit ich aus der Haft komme, um wieder bei meinem Kind sein zu können. Das war falsch gedacht.»

Der Richter hakt nach: Woher kannte sie so viele Details, obwohl sie noch nie in der Wohnung des Opfers war? Svetlanas Behauptung: Den Raub habe ihr Ex-Freund, ein Rocker, geplant. «Manuela hat das Gift bei uns geholt und mir später alles erzählt», erklärt sie.

Der Prozess wird fortgesetzt. Das Urteil fällt wohl am 27. November.

* Namen der Redaktion bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?