Rassismus
Ex-SVP-Nationalrat Perrin von Rassendiskriminierung freigesprochen

Der ehemalige SVP-Nationalrat Yvan Perrin ist am Mittwoch vom Polizeigericht in Neuenburg vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, eine Ideologie der Verunglimpfung von Muslimen verbreitet zu haben.
Publiziert: 15.07.2020 um 15:51 Uhr
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Aktualisiert: 15.07.2020 um 20:44 Uhr
Der ehemalige SVP-Nationalrat Yvan Perrin ist vom Polizeigericht in Neuenburg vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen worden.
Foto: LAURENT GILLIERON

Perrin hatte sich im April 2019 auf Facebook abwertend über Muslime geäussert. Die Staatsanwaltschaft beantragte schliesslich eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Franken mit zwei Jahren Bewährung. Perrin wurde vom Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor verteidigt, der kürzlich selbst vom Walliser Kantonsgericht wegen Rassendiskriminierung schuldig gesprochen worden war.

Perrin hatte über seinen Facebook-Account eine Kontroverse über das Museum für Islamische Zivilisationen in La Chaux-de-Fonds NE und über Muslime allgemein gestartet. Seine Posts standen in Zusammenhang mit einem Artikel in der Zeitung «24 heures» über die Qatar Papers und die Muslimbruderschaft.

Die Anklageschrift hielt fest, dass man «angesichts des Themas und des Personenkreises, an den es gerichtet war, mit sprachlichen Entgleisungen» habe rechnen müssen.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, dass dieser auf seinem virtuellen Anschlagbrett Kommentare Dritter, in denen zu Hass und Gewalt gegen Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit aufgerufen wurde, beibehalten habe. Diese Kommentare seien für die breite Öffentlichkeit lesbar gewesen.

Generalstaatsanwalt Pierre Aubert war der Ansicht, dass der Angeklagte «eine Ideologie propagiere, die darauf abziele, Muslime aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit systematisch zu verunglimpfen».

Perrin verteidigte sich vor dem Staatsanwalt und auch in den Medien mit dem Hinweis, seine Kritik betreffe nicht Muslime im Allgemeinen, sondern eine Bewegung im Besonderen, die als terroristisch gelte. Im Juni 2019 hatte der ehemalige Neuenburger Staatsrat im Lokalradio RTN erklärt, dass die Muslimbruderschaft in Saudi-Arabien und Ägypten als terroristische Organisation eingestuft werde.

Der Staatsanwalt hielt es zwar für möglich, dass Perrin diese Absicht hatte. Dennoch bleibe der Eindruck bestehen, dass der Politiker mit seinem Kommentar «L’infection s’étend» (Die Infektion breitet sich aus) Muslime im Allgemeinen habe verunglimpfen wollen, sagte er.

Aussagen von Dritten könnten nicht Perrin zugewiesen werden, befand Richter Bastien Sandoz schliesslich. Indem Perrin die Aussagen nicht gelöscht habe, habe er sie nicht aktiv verbreitet. Eine Verurteilung wegen der unterlassenen Löschung sei auf Grund der Gesetzeslage heikel. Sechs Verfasser der strittigen Kommentare seien bereits per Strafbefehl verurteilt worden.

Mit dem Freispruch folgte das Gericht dem Antrag von Verteidiger Jean-Luc Addor. Er hatte argumentiert, dass sein Mandant im Wesentlichen wegen Äusserungen von Dritten auf der Anklagebank sitze, «wegen Aussagen, die nicht die seinen sind».

Perrin galt lange als Aushängeschild und Hoffnungsträger der SVP in der Romandie. Er gehörte von 2003 bis 2013 dem Nationalrat an. Im Mai 2013 wurde er in den Neuenburger Regierungsrat gewählt, musste aber im Juni 2014 nach kurzer Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten.

Im Herbst 2019 wagte er ein Comeback. Nachdem er als Nationalratskandidat gescheitert war und die Neuenburger SVP ihren Sitz in der grossen Kammer verloren hatte, zog er sich aus der Politik zurück.

(SDA)

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