Es handle sich grösstenteils um 31 Präparate, die zur Zeit der Verschreibung (noch) nicht zugelassen gewesen seien, heisst es in einer Untersuchung des Instituts für Medizingeschichte der Universität Bern.
Das Institut nahm rund 830 Patientendokumentationen zwischen 1950 und 1990 unter die Lupe, darunter auch 50 Dokumentationen der Kinderbeobachtungsstation Rüfenach AG. Die Untersuchung im Auftrag des Regierungsrats wurde am Mittwoch den Medien vorgestellt.
Mehrere Hundert Patientinnen und Patienten wurden gemäss Untersuchung mit solchen Medikamenten behandelt. Die Psychopharmaka hätten oftmals Nebenwirkungen gehabt.
«Traten diese in massiver Form auf, wurden Versuchsbehandlungen in der Regel abgebrochen. Todesfälle in direkter Folge von Medikamententests sind nicht bekannt», heisst es im Bericht.
Es gebe keine Hinweise darauf, dass bestimmte Patientengruppen bezüglich Alter, sozialer Herkunft und Aufnahmestatus besonders häufig von Medikamentenversuchen betroffen gewesen seien.
Zwar seien Betroffene von fürsorgerischen und medizinischen Zwangsmassnahmen in Versuche involviert gewesen. Sie seien jedoch nicht gezielt dafür ausgewählt worden.
Vor den 1980er-Jahren gibt es laut Untersuchung keine schriftlichen Belege dafür, dass die Patientinnen und Patienten umfassend über klinische Versuche informiert wurden und die Möglichkeit hatten, ihr Einverständnis zu geben oder eine Behandlung abzulehnen.
Wie an anderen Schweizer Kliniken fanden die Medikamentenversuche in Königsfelden in einem rechtlichen Graubereich statt. Erst ab den 1970er-Jahren wurden die Versuch reguliert. Daraus dürfe jedoch nicht geschlossen werden, dass die Versuche aus damaliger Sicht unproblematisch gewesen seien, schreibt Studienautor Urs Germann vom Institut für Medizingeschichte.
Dass in Königsfelden nicht zugelassene Medikamente getestet wurden, war weder innerhalb der Fachöffentlichkeit noch in Verwaltung und Politik ein Geheimnis, wie aus der Untersuchung weiter hervorgeht.
Gleichzeitig zeige sich, dass die kantonalen Instanzen ihre Kontrollaufgaben in medizinischen Belangen zumindest bis in die 1980er-Jahre «äusserst locker und oberflächlich» interpretiert hätten. Die Instanzen hätten der Klinikleitung grösstmögliche Autonomie zugestanden und im Gegenzug auf deren Kompetenz vertraut. Finanzielle Interessen der Klinik seien vermutlich eher gering gewesen.
(SDA)