In Oberösterreich hat die rechtspopulistische FPÖ ihren Wähleranteil mit einer harten Asylkampagne auf rund 30 Prozent verdoppelt. Ein Vorgeschmack für die Wahlen in der Schweiz?
Das glaube ich nicht. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die SVP ihren Wähleranteil wie die FPÖ um 15 Prozentpunkte steigert. Voraussetzung für einen solchen Erdrutsch wäre, dass die Gruppe, die sich von Zuwanderung und Flüchtlingen bedroht fühlt, stark angewachsen ist. Doch das bezweifle ich. Ich gehe daher davon aus, dass die Flüchtlingskrise bei den Wahlen vom 18. Oktober nicht so eine grosse Rolle spielen wird.
Auch, weil die Schweiz weniger stark betroffen ist als Österreich?
Das spielt sicher eine Rolle. In Österreich gibt es eine massive Zunahme von Asylgesuchen und viele Flüchtlinge, die sich auf der Durchreise nach Deutschland befinden. Beides gibt es in der Schweiz nicht. Das sogenannte Asylchaos ist nirgends erkennbar.
Somit ist die Ausgangslage für die SVP tendenziell schwieriger als für die FPÖ?
Tatsächlich muss die Volkspartei mit ihrer Asylkampagne einen doppelten Spagat machen. Zum einen muss sie die Problemwahrnehmung erhöhen. Sie muss also vermitteln, dass wir ein Riesenproblem im Asylbereich haben. Zum andern muss sie noch rüberbringen, dass sie die beste Lösung für das Problem hat. Beides zusammen ist nicht einfach.
Die FPÖ Oberösterreich hat mit rund 30 Prozent etwa denselben Wähleranteil wie die SVP erreicht. Gibt es in den Alpenrepubliken eine Faustregel, wonach 30 Prozent der Wähler unzufrieden, nationalkonservativ und öffnungskritisch sind?
Wie das in Österreich aussieht, weiss ich nicht. Aber auf der Basis von Potenzialschätzungen wissen wir, dass das maximale Potenzial der SVP eher bei 30 als bei 40 Prozent Wähleranteil liegt. Das heisst: rund 30 Prozent der Stimmbürger wählen SVP oder können sich vorstellen, der SVP die Stimme zu geben. Das heisst aber auch, dass es in der Schweiz eine klare Mehrheit gibt, die sich nicht vorstellen kann, SVP zu wählen.
Die Mobilisierung gilt als eine der Stärken der SVP.
Ja, es gelingt ihr am besten, ihr Potenzial zu nutzen. Aber sie leistet auch einen grossen Effort, um ihre Wähler an die Urne zu bringen. Das ist die Voraussetzung, um ihren Wähleranteil zu halten. Will sie noch zulegen, ist sie auf äussere Faktoren angewiesen, etwa eine gute Themenkonjunktur. Trotz Flüchtlingskrise bin ich diesbezüglich noch unschlüssig, ob das für die SVP derzeit wirklich zutrifft.
Umfragen sehen die SVP bei den Wahlgewinnern.
Da ist grosse Vorsicht geboten. Die in Umfragen festgestellten Verschiebungen befinden sich jeweils im Fehlerbereich. Vielleicht hat die Flüchtlingskrise ja schon einen Einfluss auf das Wahlresultat, aber sicher keinen sehr grossen. Die SVP wird kaum auf 35 Prozent Wähleranteil hochschiessen.