Das Kind sitzt auf einem Sessel, in der Hand hält es einen Fächer. «Negermädchen» hiess das um 1900 entstandene Bild des niederländischen Künstlers Simon Maris – bis Dezember 2015.
Im Amsterdamer Rijksmuseum kam der Titel nicht gut an. «Wir erhielten viele Reklamationen von Besuchern», sagt Martine Gosselink vom Museum. Das Bild wurde umbenannt. Jetzt heisst das Gemälde: «Mädchen hält einen Fächer».
Es ist nicht die einzige Umbenennung. Dutzende Werke hat das auf alte Meister spezialisierte Museum seither umbenannt – weil die ursprünglichen Namen politisch nicht (mehr) korrekt sind. Aus Sklaven werden «Versklavte», Begriffe wie «Neger» sind ganz gestrichen.
Das Rijksmuseum hat damit in der Kunstwelt eine gewaltige Kontroverse angefacht. Vor allem ernten die Holländer Kritik für ihre Überkorrektheit. Der britische Kunstexperte Julian Spalding (68) findet es falsch, die alten Titel zu entfernen: «Geschichte wird damit umgeschrieben und Kunst zensiert», sagte er gegenüber der «Times». Auch Schweizer Kunstexperten sehen das Vorgehen des Amsterdamer Museums kritisch: «Bildtitel einfach ändern, das würden wir nicht tun», sagt Michaela Oberhofer vom Museum Rietberg in Zürich.
Die Kuratorin der Ausstellung «Dada Afrika» hat sich in den letzten Monaten intensiv mit politisch korrekten Werktiteln auseinandergesetzt. Am 18. März startet in ihrem Museum eine Ausstellung zu Dada Afrika, damals unter dem Namen «Negerkunst» bekannt.
«Die Dadaisten machten zu Beginn des 20. Jahrhunderts afrikanische Kunst dem Publikum in Europa zugänglich», sagt Oberhofer. Der Titel damals: «Art nègre», Negerkunst. Die Zürcher wollten den Titel beibehalten, die Ausstellungsmacher setzten ihn aber in Anführungszeichen. Oberhofer: «Im Ausstellungskatalog sind rassistische Begriffe mit einer Fussnote markiert und in ihrem Kontext erklärt.»
Nicht nur in der Kunstwelt diskutiert man hitzig über politisch korrekte Titel und Inhalte. Die Verleger des bekannten Comics «Tim und Struppi» mussten sich vor Gericht verantworten, weil die Ausgabe «Tim im Kongo» rassistisch sei. Schwarze würden dort als dumm und arbeitsfaul dargestellt, klagte ein kongolesischer Student – ein Gericht in Brüssel wies die Klage ab.
Auch mehrere Kinderbücher wurden angepasst: Aus Astrid Lindgrens Pipi Langstrumpf wurden Wörter wie «Negersprache» und «Negerkönig» entfernt.