Zackiger Schritt, stramme Business-Uniform, kantige Züge – ein General betritt die Bühne. Keine Frage: Bundesanwalt Michael Lauber befindet sich im Kampfmodus. Denn Hanspeter Uster, Präsident der Aufsichtsbehörde und damit Aufpasser über Lauber und dessen Ermittler, hat am Vormittag eine Disziplinaruntersuchung gegen ihn eröffnet.
Nun ist Freitagnachmittag, und Lauber schiesst sofort zurück: Er stellt fest, dass die Aufsicht unter ihrem Präsidenten Hanspeter Uster nicht von einem Vertrauensverhältnis ausgehe. «Dass nicht einmal in Betracht gezogen wird, dass ich die Wahrheit sage, ist keine Enttäuschung, sondern eine Anmassung.»
Lauber sieht in der Untersuchung eine «heraufbeschworene institutionelle Krise». Seine Worte und sein Auftritt sind nicht nur kämpferisch. Sie sollen unterstreichen, dass dies Vorgänge von historischem Charakter sind.
Lauber wehrt sich auf Englisch, Französisch, Deutsch. Ein so gewiefter Typ wie er soll derart läppische Fehler machen? Dinge ganz einfach vergessen haben?
Denn darum geht es hier. Bundesanwalt Michael Lauber kann sich nicht daran erinnern, was er am 16. Juni 2017 im Hotel Schweizerhof in Bern getrieben hat. Ja, ob er überhaupt dort war. «Ich hatte im Jahr 2017 über 4000 Agenda-Einträge», sagt er.
Der wichtigste Termin der Karriere
Das sind in der Tat eine Menge Termine. Bloss: Dieser hier war speziell. Er betraf den wichtigsten Fall seiner Karriere, die Fifa. Laubers Mitarbeiter ermitteln gegen korrupte Funktionäre im globalen Fussballbusiness. Die ganze Welt schaut ihnen zu, seit vor vier Jahren etliche Fifa-Funktionäre in Zürich vom Nobelhotel Baur au Lac direkt ins Kittchen wanderten. Die Fifa ist Privatklägerin. Und getroffen hat Lauber in Bern nicht irgendjemanden, sondern Fifa-Präsident Gianni Infantino höchstpersönlich.
An zwei Treffen konnte Lauber sich erinnern. Als ein drittes publik wurde, machte er eine ominöse Erinnerungslücke geltend.
Hanspeter Uster, seit Anfang Jahr oberster Aufseher über die Bundesanwaltschaft, kommt das alles seltsam vor. Darum hat er die Disziplinaruntersuchung eröffnet. Jene Untersuchung, die jetzt Laubers Wiederwahl gefährden könnte. Auf Anfrage will sich Uster nicht zur Sache äussern.
Bankenschreck gegen Bankenfreund
Bisher konnte die Bundesanwaltschaft auf Milde jener zählen, die sie beaufsichtigen. So zeigte es sich exemplarisch in Fällen, bei denen es Beschwerden gegen die Bundesanwaltschaft gab. Dies hier ist eine neue, ungewohnte Schärfe.
Wer Vorwürfe wie Amtsmissbrauch gegen die Bundesanwaltschaft erhebt, kann nach einem ausserordentlichen Staatsanwalt verlangen. Eingesetzt wird er von der Aufsicht.
Dokumente, die SonntagsBlick vorliegen, zeigen: Nur einmal in den letzten zwei Jahren haben ausserordentliche Staatsanwälte überhaupt eine Strafe gegen Ermittler der Bundesanwaltschaft gesprochen. 2018 verfügten die externen Ankläger sechs sogenannte Nichtanhandnahmen und zwei Einstellungen. Auf Deutsch: Die Überprüfer sahen entweder keine Straftaten, befürchteten zu grosse Hindernisse für ein Verfahren oder massen den Vorwürfen schlicht zu geringe Bedeutung zu. 2017 waren es fünf Nichtanhandnahmen und eine Einstellung.
Tadellose Bundesermittler oder Beisshemmungen unter Beamten?
Über die Arbeit seiner Vorgänger äussert sich Hanspeter Uster nicht. Der Neue macht einfach seinen Job, den des Aufpassers. Er geht einem Verdacht nach. Und er tut es offenbar mit Verve. Insider bezeichnen ihn als Antipoden zu Lauber.
Hier der Bankenschreck Uster, ein ehemaliger Marxist, der es in Zug als sozialistischer Grüner in den Regierungsrat geschafft hat. Ausgerechnet in Zug, dem internationalen Finanzplatz mit seinen umstrittenen Briefkastenfirmen! Auf der anderen Seite Michael Lauber, der vor seiner Tätigkeit als Bundesanwalt Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbandes war. Also der Bankenlobbyist eines nicht immer lupenreinen Finanzplatzes.
Er sei enttäuscht, so Lauber an seiner historischen Rede: «Der Präsident der Aufsicht kennt mich und meine Tätigkeit!»
Vielleicht ist es ja gerade das, was den Aufseher antreibt.
Nicht wenige hatten seinen Rücktritt erwartet. Dann legte der Bundesanwalt einen ganz anderen, denkwürdigen Auftritt hin: Mit der Wut eines schnaubenden Stiers teilte Michael Lauber am Freitag gegen seine Aufseher aus, die Stunden zuvor eine Disziplinaruntersuchung angekündigt hatten. Da redete kein Gedemütigter zum Publikum, sondern ein Gekränkter – für das gemütliche Bundesbern ein ungewöhnliches Bild.
Das Land diskutiert über ein von allen Beteiligten vergessenes und nicht protokolliertes Treffen Laubers mit dem Fifa-Boss. Was den Bundesanwalt ärgert. Doch dafür, dass sein Fall öffentlich ausgeweidet wird, ist er mitverantwortlich: Lauber hatte diese Entwicklung selber angestossen. Anders als die Vorgänger begann er nach seiner Wahl 2012, laufende Fälle als PR-Instrument einzusetzen.
Die Taktik zahlte sich rasch aus: Nachdem die blutige Welle islamistischer Anschläge Europa erreicht hatte, kündigte Laubers Behörde medienwirksam Verfahren gegen mutmassliche Dschihadisten an. Zwar blieben die Erfolge vor Gericht überschaubar – doch genoss der attraktive Strafverfolger eine Presseberichterstattung wie kein Bundesanwalt vor ihm: Lauber, der unerschrockene Terroristenjäger.
2015, als in Zürich Fifa-Funkionäre verhaftet wurden, folgte der Höhepunkt: der Bundesanwalt auf der globalen Bühne. Lauber wurde zu Everybody’s Darling. Dass sich die Schweiz anmasst, an ihm zu zweifeln, muss für ihn eine riesige Beleidigung sein.
Oder sollen wir sagen: Majestätsbeleidigung?
Nicht wenige hatten seinen Rücktritt erwartet. Dann legte der Bundesanwalt einen ganz anderen, denkwürdigen Auftritt hin: Mit der Wut eines schnaubenden Stiers teilte Michael Lauber am Freitag gegen seine Aufseher aus, die Stunden zuvor eine Disziplinaruntersuchung angekündigt hatten. Da redete kein Gedemütigter zum Publikum, sondern ein Gekränkter – für das gemütliche Bundesbern ein ungewöhnliches Bild.
Das Land diskutiert über ein von allen Beteiligten vergessenes und nicht protokolliertes Treffen Laubers mit dem Fifa-Boss. Was den Bundesanwalt ärgert. Doch dafür, dass sein Fall öffentlich ausgeweidet wird, ist er mitverantwortlich: Lauber hatte diese Entwicklung selber angestossen. Anders als die Vorgänger begann er nach seiner Wahl 2012, laufende Fälle als PR-Instrument einzusetzen.
Die Taktik zahlte sich rasch aus: Nachdem die blutige Welle islamistischer Anschläge Europa erreicht hatte, kündigte Laubers Behörde medienwirksam Verfahren gegen mutmassliche Dschihadisten an. Zwar blieben die Erfolge vor Gericht überschaubar – doch genoss der attraktive Strafverfolger eine Presseberichterstattung wie kein Bundesanwalt vor ihm: Lauber, der unerschrockene Terroristenjäger.
2015, als in Zürich Fifa-Funkionäre verhaftet wurden, folgte der Höhepunkt: der Bundesanwalt auf der globalen Bühne. Lauber wurde zu Everybody’s Darling. Dass sich die Schweiz anmasst, an ihm zu zweifeln, muss für ihn eine riesige Beleidigung sein.
Oder sollen wir sagen: Majestätsbeleidigung?