Schweizer zahlen für ihr Essen bedeutend mehr als alle europäischen Nachbarn. Eine Untersuchung von Eurostat zeigt: Die Lebensmittelpreise liegen im Schnitt 78 Prozent höher als in der Europäischen Union.
Stimmt das Volk am 23. September der Fair-Food-Initiative zu, könnten diese Preise nochmals massiv ansteigen. Dies behauptet zumindest Economiesuisse. Roger Wehrli (40), stellvertretender Leiter allgemeine Wirtschaftspolitik & Bildung des Wirtschaftsverbandes rechnet vor: «Die Initianten nannten bei der Lancierung das Ziel, dass langfristig der Bio-Standard der Standard für die Schweizer Lebensmittel sein soll.» Nach einer Erhebung des Bundesamts für Landwirtschaft koste heute ein Warenkorb aus 25 biologisch hergestellten Lebensmitteln 48,1 Prozent mehr als dasselbe Angebot aus konventionell hergestellten Lebensmitteln.
Wehrli weiter: «Dementsprechend könnten die Ausgaben eines Haushalts für Lebensmittel langfristig um bis zu 50 Prozent steigen. Zusätzlich werden noch Kontrollkosten anfallen, da der Staat die Produktionsart und die Qualität der Lebensmittel im In- und Ausland kontrollieren muss.»
Solche Ausgaben fielen unabhängig davon an, ob tatsächlich der Bio- oder ein anderer Standard durchgesetzt werde. Und: «Diese Kosten wird schlussendlich der Konsument oder der Steuerzahler zu tragen haben», so der Economiesuisse-Mann.
Schweizer kaufen im Ausland Lebensmittel im Wert von drei Milliarden Franken.
Für die Spezialisten des Wirtschaftsverbandes gibt es deshalb nur eine Schlussfolgerung: Teurere Preise bedeuten, dass die Schweizer noch mehr im Ausland einkaufen. «Wenn wegen der Initiative die Lebensmittelpreise in der Schweiz steigen, wird der Einkaufstourismus wieder zunehmen.»
Dem hiesigen Handel droht laut Economiesuisse ein Schock wie 2015, als die Schweizerische Nationalbank die Anbindung des Schweizer Frankens an den Euro und damit den Mindestkurs aufhob.
Im gleichen Jahr nahm der Einkaufstourismus um acht Prozent zu. Nachdem sich der Euro jüngst wieder etwas erholte, stabilisierte sich die Lage ein wenig: Heute kaufen Herr und Frau Schweizer im Ausland Lebensmittel im Wert von drei Milliarden Franken.
Hohe Preissensibilität im Grenzgebiet
Auch beim Gewerbeverband der Stadt Basel teilt man die Sorgen von Economiesuisse. «Gerade in unserer Grenzregion ist die Preissensibilität der Kundschaft hoch», so Gewerbedirektor Gabriel Barell (58).
Zu befürchten sei, dass bei einem Preisanstieg der Einkaufs- und Gastronomie-Tourismus weiter zunehme – «auf Kosten der Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie der inländischen Wertschöpfung», so Barell. Bereits heute gingen der regionalen Wirtschaft mehr als 700 Millionen Franken verloren, weil die Kunden ennet der Grenze einkaufen. Deshalb kämpft auch Barell vehement gegen die Initiative.