Es ist ein Highlight für jeden Planespotter: Ab heute testet die Armee den F-35, laut Eigenwerbung der «tödlichste je gebaute Kampfjet». Der Tarnkappenflieger von Lockheed Martin gilt als modernster Kampfjet der Welt. Und als extrem teuer - nicht nur in der Beschaffung, sondern vor allem auch im Unterhalt – wobei Letzteres die Rüstungsfirma selbst bestreitet.
Braucht die Schweiz wirklich einen solchen Luxusjet? Daran haben viele ihre Zweifel. Zudem kam wiederholt die Frage auf, ob die Amerikaner ihre Hightech-Maschine wirklich verkaufen wollen. So sorgte für Stirnrunzeln, als der US-Rüstungskonzern den Jet auf seiner Homepage für den Einsatz über dem Meer bewarb. Im Binnenland Schweiz nicht wirklich ein schlagkräftiges Verkaufsargument. Ausserdem wurde spekuliert, dass das vergleichsweise kleine Auftragsvolumen von 30 bis 40 Kampfjets für die USA nicht sehr interessant ist.
Die Amerikaner meinen es ernster als gedacht
Doch die Amerikaner meinen es offenbar doch ernster als gedacht. In den Tagen vor dem Kampfjet-Test in Payerne VD hat Lockheed Martin auf dem Kurznachrichtendienst Twitter eine Werbeoffensive gestartet. «Die F-35 erfüllt die Anforderungen der Schweizer Luftwaffe an ein Kampfflugzeug zum Schutz des Schweizer Luftraums für die nächsten 50+ Jahre», heisst es im gesponserten Tweet, der in den vergangenen Tagen zahlreichen Usern aus der Schweiz angezeigt wurde.
Unter dem angefügten Link gehts mit den Werbebotschaften weiter: «Bei Lockheed Martin wissen wir, wie wichtig die Wahrung der bewaffneten Neutralität für das Schweizer Volk ist», so der US-Rüstungskonzern. Der F-35 biete «Spitzentechnologie, welche es grossen und kleinen Nationen ermöglicht, den Frieden durch Stärke zu erhalten».
«Gleich mal einen Kampfjet bestellen»
Bei linken Politikern sorgt das für Verwunderung. «Offensichtlich hat die Schweiz bei Lockheed Martin eine höhere Priorität als gedacht», sagt Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli. Die Werbeoffensive macht aus seiner Sicht derzeit wenig Sinn. «Jetzt geht es erst einmal darum, die technischen Anforderungen zu testen.» Zudem wird das Volk beim Typentscheid, der später fällt, gar nicht mitreden.
Den Kopf schüttelt auch SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen. Und Kampfjet-Gegner Lewin Lempert, Sekretär der Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), fragt: «Haben sie nicht begriffen, dass es (leider) keine Abstimmung über den Typ geben wird, sondern eine VBS-interne Evaluation?»
Lempert stellt zudem den Inhalt des Werbe-Tweets in Frage. Denn bei der Präsentation des Jets heute Morgen auf dem Militärflugplatz in Payerne war nicht die Rede von «50+» Jahren Lebensdauer des Jets, wie es auf Twitter heisst, sondern nur von «40+» Jahren. «Ich finde es fragwürdig, wenn mit unterschiedlichen Zahlen jongliert wird. Es geht immerhin um 6 Milliarden Franken – da sollte ein Hersteller verlässliche Infos geben können», sagt Lempert zu BLICK.
Werbeoffensive sei «nicht ungewöhnlich»
Bereits vergangenen Herbst hatte Lockheed Martin auf Twitter deutsche Werbeanzeigen für den F-35 geschaltet - und damit für belustigte Kommentare gesorgt. «Das ist doch mal ansprechende Werbung für mich als passende Zielgruppe. Gleich mal einen Kampfjet bestellen», meinte beispielsweise ein User.
Der Rüstungskonzern begründet die Werbeaktivitäten gegenüber BLICK mit dem grossen Interesse der Bevölkerung am Kampfjet. Angesichts dessen seien die Twitter-Postings «nicht ungewöhnlich». Sie seien «Teil unserer Aktivitäten, um in der Schweiz breite Aufmerksamkeit zu generieren für das Potenzial Lockheed Martins als Technologie-Leader». Man sei sich vollkommen bewusst, dass es keine Volksabstimmung zum Typ des Kampfjets geben wird.
Testflüge dauern noch bis Ende Monat
Der Tarnkappenbomber von Lockheed Martin ist der vierte von fünf Jets, den das Verteidigungsdepartement testet. Bereits Testflüge geflogen worden sind mit dem Eurofighter von Airbus (Deutschland), dem F/A-18 Super Hornet von Boeing (USA) und dem Rafale von Dassault (Frankreich). Ende Juni stehen dann noch die Testflüge des Gripen E von Saab (Schweden) auf dem Programm.