Die SBB-Führung und ihre Mitarbeiter basteln gerade an einem neuen Gesamtarbeitsvertrag. Denn der verhältnismässig grosszügige Gesamtarbeitsvertrag der rund 27'000 Beschäftigten von SBB und SBB-Tochter Cargo läuft Ende Jahr aus. Die Verhandlungen eines neuen Beschäftigungsrahmens ging am Freitag in die zweite Runde.
Die SBB gehen dabei nicht zimperlich vor, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Vier happige Forderungen sorgen für Zündstoff. So will die SBB Regionalzuschläge streichen, Lohngarantien besonders für ältere Mitarbeiter kündigen, Treueprämien in Form von Freizeit streichen und den Kündigungsschutz aufweichen.
«Ein reines Sparpaket»
In einfachen Worten ausgedrückt würde das für die Mitarbeiter Folgendes bedeuten: Weniger Lohn, längere Arbeitszeiten und vereinfachte Kündigungen. Für die Bahngewerkschaften ein Affront sondergleichen. «Die Verhandlungsdelegation der SBB kommt mit einem Forderungskatalog, der ein reines Sparpaket ist», echauffiert sich Manuel Avallone in einer gemeinsamen Medienmitteilung der Gewerkschaften SEV und Transfair sowie des Kaderverbands des öffentlichen Verkehrs und des Verbands Schweizer Lokomotivführer.
Die SBB bestätigen die vier Forderungen nicht, dementieren sie gemäss «Tages-Anzeiger» aber auch nicht. «Wir kommentieren jetzt, in der Anfangsphase der Verhandlungen, unsere Forderungen nicht», sagt SBB-Sprecher Jürg Grob. «Es geht nicht darum, generell die Löhne zu senken und die Arbeitszeit zu erhöhen, sondern die Arbeitsbedingungen den heutigen und künftigen Anforderungen anzupassen» verteidigt die SBB ihre Verhandlungsschiene.
SBB vermehrt Konkurrenz ausgesetzt
Die SBB wollen auch künftig eine attraktive Arbeitgeberin sein. Für die Gewerkschaftsvertreter ist es aber unmöglich, ernsthaft über einen Gesamtarbeitsvertrag zu verhandeln, «solange die Gegenseite ausschliesslich das Ziel hat, die Arbeitsbedingungen massiv zu verschlechtern». Es müsste eigentlich im Interesse der SBB sein, Konflikte mit ihren Mitarbeitern zu verhindern.
Grund für die forschen Sparforderungen der SBB könnte die Befürchtung sein, dass die Gewinne in naher Zukunft schrumpfen. Die SBB sehen sich zunehmend der Konkurrenz ausgesetzt. So könnte sie profitable Fernverkehrlinien an die BLS verlieren. Aber etwa auch billige Fernbusse erhöhen den Druck. Für SEV-Vize-Chef Avallone sind diese Entwicklungen allerdings noch lange keinen Grund, jetzt offensiv Sparübungen zuungunsten der Mitarbeiter durchzuführen. Eher sollten die SBB-Kader damit beginnen, «bei ihren überrissenen Löhnen» anzusetzen.
Kommt es zur Arbeitsniederlegung?
Steht der neue Gesamtarbeitsvertrag nicht bis Mitte Jahr, haben beide Seiten die Möglichkeit, den aktuellen Vertrag auf Ende Jahr zu kündigen. Tun sie das nicht, dann läuft die aktuelle Regelung automatisch ein Jahr weiter. Beantragen die SBB eine Kündigung, würden die Bahngewerkschaften nicht vor einem Streik in Form der Arbeitsniederlegung zurückschrecken. (duc)