Der parlamentarische Vorstoss von SP-Nationalrat Cédric Wermuth hat bis ins Ausland hohe Wellen geschlagen. In einer Interpellation fordert der Aargauer vom Bundesrat Antworten zum Thema Intim-OPs (BLICK berichtete).
Auslöser für den Vorstoss ist die Zunahme von Schönheitsoperationen im Genitalbereich, insbesondere von Schamlippen-Verkleinerungen in der Schweiz. Eine Entwicklung, die aus Sicht Wermuths äusserst besorgniserregend ist. Gegenüber «Watson» bezeichnete er Schamlippen-OPs, die sogenannte Labioplastik, als «die erschreckendste Form des Patriarchats». «Hier macht die Schönheitsindustrie einen Haufen Geld auf dem Buckel des Selbstwertgefühls der Frauen.»
«Herr Wermuth hat keine Ahnung»
Aussagen, über die der Münchner Schönheitschirurg Stefan Gress nur den Kopf schütteln kann. Auch er hat von Wermuths Interpellation gelesen. Dabei platzte ihm der Kragen. «Herr Wermuth hat keine Ahnung!», poltert er. Die Argumentation des Nationalrats sei «platt» und «vermessen».
Gress, Spezialist auf dem Gebiet der Labioplastik, hat nach eigenen Angaben schon über 4500 Frauen in ihrem Intimbereich operiert. Wer denke, dass die Frauen sich nur aus ästhetischen Gründen operieren liessen, liege kreuzfalsch, sagt Gress. «Dieser Anteil ist verschwindend gering.»
Eine grosse Mehrheit der Frauen leide unter physischen oder psychischen Beschwerden. Grosse innere Schamlippen würden beispielsweise beim Velofahren oder dem Tragen enger Hosen Schmerzen bereiten, sagt er. Andere Frauen schämten sich so sehr für ihre Genitalien, dass sie sich nicht mehr trauen würden, sich vor einem Mann auszuziehen.
Werbeverbot soll geprüft werden
SP-Nationalrat Wermuth überzeugt diese Argumentation ganz und gar nicht. Schönheitsideale würden sich in einer Gesellschaft immer entwickeln, sagt er. Das habe auch mit technischen Möglichkeiten zu tun – aber auch mit «aggressiven Kampagnen, Körperkult, Medien und Werbung», zählt er auf. Genau deshalb müsse man bei solchen Trends genauer hinschauen und Massnahmen prüfen.
Zwei solcher Massnahmen, die Wermuth prüfenswert findet, sind ein Werbeverbot für Intim-OPs oder ein Verbot von Operationen bei unter 18-Jährigen, wenn keine medizinische Indikation vorliegt. Bislang gibt es in der Schweiz kein gesetzliches Mindestalter für Intim-OPs.
Trotz seiner scharfen Kritik an Wermuths Aussagen: Auch Schönheitschirurg Gress befürwortet gewisse rechtliche Einschränkungen. «In Deutschland gibt es ein Verbot von Vorher-nachher-Fotos. Das finde ich gar nicht schlecht», sagt der Schönheitschirurg. Denn häufig werde bei den Fotos mächtig getrickst und retuschiert. «Da habe ich schon ganz irre Sachen gesehen.» (lha)