Weg mit dem «Schweiz-Zuschlag»
Gute Aussichten für die Fair-Preis-Initiative

Ein Volksbegehren verlangt das Ende der Hochpreisinsel. Die Initiative stösst bei einer breiten Mehrheit auf Zustimmung.
Publiziert: 06.01.2020 um 09:46 Uhr
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Die Umfrage zeigt: Die Initiative hat an der Urne ausgezeichnete Chancen.
Foto: Manuel Geisser
Simon Marti und Camilla Alabor

Ob Kleider oder Spielzeug, Kosmetik oder Küchen: Zahllose Produkte und Dienstleistungen sind im Ausland massiv günstiger als in der Schweiz.

Allein mit höheren Löhnen und teureren Mieten ist kaum zu erklären, dass ein Herrenanzug in Basel 700 Franken kostet und das identische Modell auf der anderen Seite der Grenze nur 540.

Hersteller und Lieferanten verlangen einen happigen «Schweiz-Zuschlag» und machen mit der Kaufkraft der Schweizer gehörig Kasse. Die Politik müht sich seit Jahren, die Auswirkungen dieses Missstands zu dämpfen. Mit mässigem Erfolg.

Direktimporte sollen erlaubt sein

Nun aber macht eine drohende Abstimmung Druck auf das Parlament: Im Frühling berät der Nationalrat die «Fair-Preis-Initiative», die vom Bundesrat Massnahmen verlangt, um Schweizer Preise für ausländische Produkte zu senken.

Vor allem sollen heimische Unternehmen beim Einkauf die gleichen Konditionen erhalten wie die Konkurrenz im europäischen Umland: «Seit Jahren zocken ausländische Hersteller Schweizer Betriebe und Schweizer Konsumenten ab», sagt Casimir Platzer, Präsident von Gastrosuisse und Co-Präsident des Initiativkomitees.

Schweizer Betriebe, die den Aufwand von Direktimporten auf sich nehmen wollen, sollen dies auch dürfen. Die Abschottung von Lieferwegen, die Detailhändler heute dazu zwingt, manche Produkte ausschliesslich auf vorgeschriebenen Wegen einzukaufen, soll aufgebrochen werden.

Gut vertraut mit Preisen im Ausland

Eine repräsentative Umfrage des Marktforschungstinstituts GFS Zürich, die SonntagsBlick vorliegt, zeigt nun, dass die Initiative starken Rückhalt geniesst: 68 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Schweizer Gewerbe und Konsumenten beim Kauf ausländischer Produkte gleichgestellt werden sollen. Lediglich 20 Prozent teilen das Kernanliegen der Vorlage nicht, zwölf Prozent sind unentschlossen. Tatsächlich sind Schweizer Konsumenten sehr gut mit den Preisen in Deutschland oder Frankreich vertraut: Wie aus der Studie hervorgeht, kauft rund die Hälfte der Befragten ab und zu im Ausland ein.

Der Bundesrat hat zwar erkannt, welche Chancen die Initiative hat. Sein Gegenvorschlag aber geht den Initianten zu wenig weit. Mitinitiant Platzer disqualifiziert ihn als «wirkungslos».

Kommt Verbot von Geoblocking?

Allerdings hat die Wirtschaftskommission (WAK) des Nationalrats im Herbst nachgebessert. Möglich also, dass die Vorlage gar nicht erst zur Abstimmung kommt und von den Initianten zurückgezogen wird.

Die SP-Nationalrätin und Co-Präsidentin des Komitees, Prisca Birrer-Heimo (60, LU): «Jetzt gilt es, den parlamentarischen Prozess abzuwarten. Wir sind sicher einen grossen Schritt weiter, als mit dem Vorschlag des Bundesrats.»

Auch die WAK verzichtet in ihrem Vorschlag auf ein Verbot des sogenannten Geoblockings. Dabei werden Schweizer beim Onlineshopping von den Websites ausländischer Anbieter auf teurere Seiten umgeleitet. Birrer-Heimo, die auch den Schweizer Konsumentenschutz präsidiert, gibt sich zuversichtlich, dass ein Verbot dieser Methode in den Räten eine Mehrheit findet. «Wenn nicht, müssen wir genau abwägen, ob das Erreichte genügt, um auf eine Abstimmung zu verzichten.»

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