Wahlkampf brutal
SVP will Kinder schlagen!

Aua! Ohrfeigen zur Züchtigung der Kinder müssen erlaubt sein. Verlangt die SVP Waadt. Die heute Rechtslage ist unklar.
Publiziert: 13.05.2016 um 11:38 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 21:10 Uhr
«Ohrfeigen ein notwendiges Instrument der Erziehung»: SVP Waadt sorgt mit Forderung für Kritik.
Foto: Philippe TURPIN
Nico Menzato

Vor bald 40 Jahren wurde das elterliche Züchtigungsrecht aus dem Zivilgesetzbuch gestrichen. Bis dann war es den Eltern erlaubt, «die zur Erziehung der Kinder nötigen Züchtigungsmittel anzuwenden».

Die SVP Waadt, die mit Guy Parmelin einen Bundesrat stellt, sehnt sich nach diesen Zeiten zurück. In einem neuen Positionspapier, mit dem die Partei in die kantonalen Parlamentswahlen 2017 zieht, verlangt die Sünneli-Partei: Jede Autorität müsse Gewalt anwenden dürfen, um sich Respekt zu verschaffen. Die Abschaffung des Rechts auf körperliche Bestrafung der Kinder nehme einigen Eltern das letzte bisschen Autorität.

In der Romandie sorgt diese Passage des Papiers für gehörigen Wirbel und Kritik. «Sind Sie Verfechter einer antiken Erziehung? Dann wählen Sie SVP», schreibt die Zeitung «Le Matin» heute. Und SP-Nationalrat Christophe Schwaab meint, Schläge seien unvereinbar mit dem Wohl des Kindes. «Wir lösen Probleme nicht mit Schlägen.»

Foto: KEY

Wenn es Eltern verboten sei, ihrem Kind eine Ohrfeige zu verpassen, fehle ein notwendiges Instrument, um die Erziehungspflicht wahrnehmen zu können, entgegnet Kevin Grangier, Generalsekretär der SVP Waadt.

Sind gelegentliche Ohrfeigen erlaubt?

Fakt ist: Gewalt gegen Kinder und Teenager ist eine Realität. 28 Prozent aller 13- bis 16-Jährigen wurden innerhalb einem Jahr von ihren Eltern mindestens einmal geschlagen, geohrfeigt oder geschüttelt. Zu diesem Schluss kam eine Studie von Kriminologe Martin Killias.

Und: Aus der heutigen Rechtslage wird nicht eindeutig klar, welche Art der Gewaltanwendung gegenüber Kindern verboten, und welche erlaubt sind. Ein explizites Verbot gibt es nicht. Was der Schweiz von internationalen Gremien schon diverse Rügen eingebracht hat.

2013 kam das Bundesgericht in einem Grundsatzurteil zum Schluss: Wer seine Kindern regelmässig Ohrfeigen austeilt oder sie gar wiederholt mit Fusstritten züchtigt, macht sich strafbar. Und kann von Amtes wegen zur Rechenschaft gezogen werden. Eine auf physischer Gewalt basierende Erziehung ist also verboten.

Die höchsten Richter liessen jedoch offen, ob gelegentliche Ohrfeigen oder Schläge auf den Hintern ebenfalls untersagt sind. Jede Form der Gewalt und demütigender Behandlung gegenüber Kindern sei heutzutage geächtet, so das Bundesgericht einzig. 

Sensibilisierung statt Verbot

Der Bundesrat sprach sich letztmals im Sommer 2015 gegen ein explizites Gewaltverbot von Eltern gegen Kinder aus. Mit der heutigen Regelung ergebe sich «keinen Anspruch auf körperliche Züchtigung», so die Regierung. Zudem würden Strafverfahren innerhalb der Familie zur Belastung führen, was dem Kindeswohl abträglich sein könne, argumentiert er. 

Mit einem gut ausgebauten Kinder- und Jugendhilfesystem sowie Sensibilisierungsmassnahmen, die auf eine Änderung der Einstellung und des Verhaltens zielten, sei mehr zu erreichen, meint der Bundesrat.

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