Übermässige Härte bei der Rückführung von Flüchtlingen in andere Schengen-Staaten und menschenrechtswidrige Volksinitiativen: Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert im Report 2017/18 die Schweiz.
Bei der beanstandeten Initiative handelt es sich um das SVP-Volksbegehren «Schweizer Recht statt fremde Richter». Besser bekannt als Selbstbestimmungsinitiative. Sie will die Bundesverfassung über das Völkerrecht stellen.
Unmöglich, findet Amnesty. «Es ist dringend notwendig, dass die Schweiz einen Kontrollmechanismus errichtet, um sicherzustellen, dass Volksinitiativen den internationalen Menschenrechtsnormen entsprechen, bevor sie der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden», sagt Manon Schick (43), Geschäftsleiterin von Amnesty International in der Schweiz.
Härte im Asyl-Bereich verurteilt
Auf dem Radar hat Amnesty die Schweiz aber auch wegen ihrer Asylpolitik. «Im Rahmen der Dublin-Verordnung haben die Schweizer Behörden eine Reihe von Asylsuchenden in andere Schengen-Staaten zurückgeschickt, ungeachtet ihrer familiären Bindungen in der Schweiz und entgegen internationaler Verpflichtungen», begründet Schick diese Kritik.
Positiv erwähnt wird ein Entscheid des Bundesgerichts, der die Trennung eines afghanischen Ehepaars und ihres Kleinkinds in Haft und ihrer übrigen Kinder in einem Heim als gravierenden Verstoss gegen das Recht auf Familienleben verurteilte.
Anti-Terror-Pläne des Bundesrats kommen nicht gut an
Negativ kamen hingegen die Anti-Terror-Pläne des Bundesrats an. Denn die Polizei soll in der Schweiz weitreichende Mittel erhalten, um mutmassliche Gefährder ohne Anklage und Prozess präventiv unter Hausarrest zu stellen oder mit Kontaktverboten zu belegen.
Der Amnesty International Report 2017/18 zur Lage der Menschenrechte umfasst 159 Länder. Er liefert die umfassendste Analyse der aktuellen Menschenrechtslage weltweit. Dabei warnt Amnesty jedes Jahr, dass die Diskriminierung von Minderheiten in vielen Ländern Normalität sei. Doch dieses Jahr sieht sie eine besondere Verschärfung der Problematik «durch die Rhetorik des Hasses und der Ausgrenzung».
Donald Trump gab den Takt vor
Den Takt vorgegeben habe die US-Regierung 2017 mit ihrem «offensichtlich diskriminierenden Entscheid», Menschen aus mehreren muslimischen Ländern die Einreise zu verbieten, sagt Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty (57). Gefolgt sei ein Jahr, in dem Staats- und Regierungschefs weltweit eine Politik des Hasses und der Angstmacherei verfolgten – mit gravierenden Folgen für die Menschenrechte.