Erstmals seit Monaten ging es diese Woche bei der Rentenreform vorwärts. Am Dienstag präsentierten die Sozialpartner – Arbeitgeber und Gewerkschaften – einen Kompromiss, wie die berufliche Vorsorge (BVG) wieder gesunden könnte: ein tieferer Mindestumwandlungssatz und mehr Lohnabgaben. Tags darauf verkündete Sozialminister Alain Berset (47, SP) die Pläne des Bundesrats, wie er die AHV sanieren will: Rentenalter 65 für Frauen und 700 Millionen Franken Ausgleichsmassnahmen.
Die Kritik liess nicht lange auf sich warten und sie kam von links und rechts. Ist nun der goldene Mittelweg gefunden, weil alle motzen? Konrad Graber (60, CVP), der vielleicht wichtigste sozialpolitische Strippenzieher des Landes, findet diese Lesart zynisch. Der Luzerner Ständerat gilt als erfolgreicher Architekt des letzten AHV-Steuer-Deals. Auch die nun angestossene Rentenreform sieht er positiv. «Alle brachten ihre Anliegen ein, obwohl sie eigentlich auf ihre Extrempositionen aus sind. Alle sehen nämlich den Handlungsbedarf.» Die Sozialpartner hätten begriffen, dass «mitmischen» allemal besser sei als stures Abseitsstehen.
Graber wirbt für politischen Masterplan
Doch wie weiter? Bei der AHV hat der Bundesrat seine Vorschläge diese Woche gemacht, bei den Pensionskassen wird er sich erst noch äussern – der Vorschlag der Sozialpartner wird der Landesregierung dabei als Basis dienen.
Es gibt also zwei getrennte Pakete, die aber zeitlich nah aufeinanderfolgen. Perfekt, findet Graber: «Die erste und zweite Säule des Schweizer Vorsorgesystems sind eng verbunden, und man kommt gar nicht darum herum, bei Änderungen an der einen Säule auch in die andere zu schauen.»
Graber wirbt daher für einen verbindlichen politischen Masterplan über beide Pakete – AHV und Pensionskassen. Und er denkt noch weiter. Graber: «In dieser Gesamtschau könnte man sogar ein drittes und viertes Paket vorsehen.» Darin sieht der ausgebildete Mediator die politische Piste, um endlich eine ganz grosse Rentenreform zum Fliegen zu bringen: «In einem dritten Paket hätten Zusatzforderungen wie die Reform der Witwenrenten oder die Minderung der Heiratsstrafe Platz. Und es wäre möglich, in einem vierten Paket die politische Diskussion über ein höheres AHV-Alter in Aussicht zu stellen.» Ein solcher Masterplan würde garantieren, dass sämtliche Forderungen in den kommenden Jahren auf die politische Agenda kämen. So könne man Vertreter von extremen Positionen ins Boot holen.
Schrittweise Erhöhung statt auf einen Schlag
Der CVP-Ständerat könnte sich zudem vorstellen, die jetzt ins Spiel gebrachten Steuererhöhungen zu staffeln. Denn sowohl bei der AHV-Reform als auch bei der Sanierung der Pensionskassen sind höhere Beiträge geplant. So geht es um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von bis zu 0,7 Prozent. Graber schlägt zum Beispiel zwei Schritte von je fünf Jahren bis 2030 vor. Nach einem ersten Schritt würde sich zeigen, wie stark die vom Bundesrat geplanten Anreize, die AHV später zu beziehen, funktionieren und Einsparungen ermöglichen.
Und wo sieht Graber die Fallstricke? «In Maximalforderungen: keine Steuererhöhungen, Verzicht auf AHV-Alter 65 bei Frauen oder Mehrwertsteuer-Erhöhungen, die über der psychologischen Grenze von einem Prozent liegen.» Aber es komme gut, wenn es kleine Pakete und einen grossen Plan gebe, so der 60-Jährige.
Selber will Graber im Herbst aus dem Ständerat abtreten, aber in Teilzeit über das AHV-Alter hinaus arbeiten.
Am Dienstag präsentierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihren Kompromissvorschlag für die Pensionskasse, die 2. Säule. Die wichtigsten Bestandteile:
Der Mindestumwandlungssatz soll von 6,8 auf 6 Prozent sinken. Das heisst, bei einem Altersguthaben von 100’000 Franken wäre in Zukunft eine Jahresrente von 6000 statt von 6800 Franken garantiert. Die Pensionskassen fordern diesen Schritt seit Jahren, weil die Rentenversprechen heute nicht mit den angesparten Altersguthaben gedeckt werden können. Jedes Jahr müssen daher mehrere Milliarden Franken aus dem überobligatorischen Bereich abgezogen werden.
Weiter soll der sogenannte Koordinationsabzug von 24’885 auf 12’443 Franken halbiert werden. Wer über ein Brutto-Jahreseinkommen von 80’000 verfügt, der hat heute 55’115 Franken davon bei der Pensionskasse versichert. In Zukunft wären es 67’557 Franken. Dadurch erhöht sich das angesparte Pensionskassenkapital, was insbesondere Teilzeitangestellten und Niedrigverdienern helfen soll.
Am Mittwoch gab der Bundesrat bekannt, wie er die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die 1. Säule, stabilisieren will. Die wichtigsten Bestandteile:
Das Rentenalter für Frauen soll auf 65 Jahre erhöht werden. Für Ausgleichsmassnahmen sollen 700 Millionen Franken aufgewendet werden. Frauen mit einem Jahreseinkommen bis 56’880 Franken könnten dadurch ohne Einbussen mit 64 Jahren in Rente gehen, würden also faktisch von der Erhöhung des Rentenalters verschont. Weiter soll eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um maximal 0,7 Prozentpunkte zur Finanzierung der AHV beitragen.
Am Dienstag präsentierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihren Kompromissvorschlag für die Pensionskasse, die 2. Säule. Die wichtigsten Bestandteile:
Der Mindestumwandlungssatz soll von 6,8 auf 6 Prozent sinken. Das heisst, bei einem Altersguthaben von 100’000 Franken wäre in Zukunft eine Jahresrente von 6000 statt von 6800 Franken garantiert. Die Pensionskassen fordern diesen Schritt seit Jahren, weil die Rentenversprechen heute nicht mit den angesparten Altersguthaben gedeckt werden können. Jedes Jahr müssen daher mehrere Milliarden Franken aus dem überobligatorischen Bereich abgezogen werden.
Weiter soll der sogenannte Koordinationsabzug von 24’885 auf 12’443 Franken halbiert werden. Wer über ein Brutto-Jahreseinkommen von 80’000 verfügt, der hat heute 55’115 Franken davon bei der Pensionskasse versichert. In Zukunft wären es 67’557 Franken. Dadurch erhöht sich das angesparte Pensionskassenkapital, was insbesondere Teilzeitangestellten und Niedrigverdienern helfen soll.
Am Mittwoch gab der Bundesrat bekannt, wie er die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die 1. Säule, stabilisieren will. Die wichtigsten Bestandteile:
Das Rentenalter für Frauen soll auf 65 Jahre erhöht werden. Für Ausgleichsmassnahmen sollen 700 Millionen Franken aufgewendet werden. Frauen mit einem Jahreseinkommen bis 56’880 Franken könnten dadurch ohne Einbussen mit 64 Jahren in Rente gehen, würden also faktisch von der Erhöhung des Rentenalters verschont. Weiter soll eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um maximal 0,7 Prozentpunkte zur Finanzierung der AHV beitragen.