Viola Amherd (CVP) und Karin Keller-Sutter (FDP) liegen im Bundesrat-Ranking ganz vorn
Diese Frauen mag das Volk

FDP-Justizministerin Karin Keller-Sutter wirbelt die Machtverhältnisse im Bundesrat durcheinander. Glauben zumindest die Schweizer. Am liebsten ein Bier trinken würden sie jedoch mit CVP-Verteidigungsministerin Viola Amherd.
Publiziert: 10.10.2019 um 22:44 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2019 um 06:56 Uhr
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Sie wurden am gleichen Tag vereidigt: Karin Keller-Sutter und Viola Amherd.
Foto: KARL-HEINZ HUG
Nico Menzato

Karin Keller-Sutter (55) und Viola Amherd (57) haben einen Glanzstart als Bundesrätinnen hingelegt. Eine aktuelle Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo zeigt: Die Schweizer sehen die FDP-Frau bereits als die Einflussreichste in der Regierung. Die CVP-Frau ist dafür die Sympathischste – und ihr Einfluss wird trotz ihrem nicht zentralen Verteidigungsdepartement als weitaus höher eingeschätzt als bei manchen männlichen Bundesräten.

Die Neo-Magistratinnen aus St. Gallen und dem Wallis haben sich in ihre Dossiers reingekniet, treten kompetent und bereits wie geübte Staatsfrauen auf. Gut also wurden im letzten Dezember zwei Frauen in die Regierung gewählt! Sie machen ihre Arbeit bislang mehr als ordentlich.

Die eine startete durch, die andere schlich sich an

Dies aber auf ganz unterschiedliche Art und Weise: Alt Regierungsrätin und alt Ständerätin KKS betrat das Bundesratszimmer bestimmt, forsch und mit einem machiavellischen Machtanspruch. Sie zieht ganz bewusst die Aufmerksamkeit auf sich, ist in Medien allgegenwärtig, erkennt als gewiefte Strategin mögliche Mehrheiten haargenau und prägt damit die Linie der Regierung. Etwa so wie das früher CVP-Bundesrätin Doris Leuthard (56) tat. 

Die traditionelle Pressekonferenz nach 100 Tagen in Amt hielt Keller-Sutter bereits nach 88 Tagen ab. Ganz anderes Amherd. Sie ging es leiser an. Den 100-Tage-Termin liess sie sausen, weil es nichts mitzuteilen gebe. Stattdessen arbeitete sie sich beharrlich in die ihr fremde Welt der Armee ein und gleiste das Prozedere zur Kampfjet-Beschaffung neu auf.

Neben diesen starken Frauen sehen die Männer blass aus. Das sieht auch das Volk so: Gemäss Sotomo-Umfrage haben Guy Parmelin (59, SVP) und Ignazio Cassis (58, FDP) kaum Einfluss im Bundesrat. Sie kommen mit ihrer Art beim Volk aber auch nicht an. Im Fall befindet sich auch Bundespräsident Ueli Maurer (68, SVP).

Keller-Sutter – die Strippenzieherin

Es ist ein fulminanter Start, der seinesgleichen sucht. Erst seit etwas mehr als neun Monaten im Amt, sehen die Schweizer Karin Keller-Sutter schon als die Einflussreichste im Siebner-Gremium! Noch im Sommer lag sie gemäss Einschätzung des Volks weit hinter Alain Berset, den sie nun überflügelt hat.

Die Justizministerin ist in der Tat die Strippenzieherin im Bundesratszimmer. Sie wirbelt die Machtverhältnisse durcheinander. Schon als Ständerätin trat sie als Staatsfrau auf, dies hat die FDP-Magistratin jetzt perfektioniert.

In der Asylpolitik gibt KKS trotz tiefer Gesuchszahlen die «eiserne Lady»: So will sie die Schraube bei den Ausschaffungen von abgewiesenen Asylbewerbern anziehen und gibt beim europäischen Asyl-Verteilungssystem nicht nach. Der Aufschrei von links blieb aus.

Keller-Sutter ist die starke Frau im Bundeshaus – und hat mit ihrem Gespür für mögliche Mehrheiten in der Europapolitik das Zepter übernommen: Mit einer Übergangsrente für ältere Ausgesteuerte versucht sie die Gewerkschaften zurück ins pro-europäische Boot zu holen – und kämpft mit dieser Strategie gleichzeitig gegen die Kündigungs-Initiative der SVP. Diese Abstimmung, voraussichtlich im Frühling 2020, wird die erste Bewährungsprobe für die FDP-Frau.

Einfluss: 1. Platz
Sympathie: 3. Platz

Amherd – die Volksnahe

Die CVP-Bundesrätin ist die Volksnahe. Gemäss dem Forschungsinstitut Sotomo finden fast zwei Drittel der Schweizer die Art der Walliserin sehr angenehm.

Als wirklich einflussreich wird Amherd gemäss der Studie allerdings (noch) nicht wahrgenommen. In diesem Ranking belegt sie den drittletzten Platz. Ein Grund dafür dürfte ihr Departement sein, das ihr aufgebrummt wurde. Verteidigung und Sport sind nicht die entscheidendsten Dossiers in Bundesbern. Und wichtige Geschäfte, etwa die Kampfjetbeschaffung, sind noch zu wenig im Fokus der Öffentlichkeit.

Doch in der Männerdomäne VBS hat sich die erste Verteidigungsministerin der Schweizer Geschichte in kürzester Zeit Respekt verschafft, obwohl sie sich als Nationalrätin nie vertieft mit der Armee beschäftigt hatte. Mit ihrer ruhigen und neugierigen Art tastet sie sich an Geschäfte ran – und wirft auch Konventionen über Bord: So hat sie etwa mit Thomas Süssli (52) einen Quereinsteiger, der in der Privatwirtschaft Karriere gemacht hatte, zum Chef der Armee befördert. 

Eine Aussenperspektive scheint der Armee gut zu tun. Endlich hat die Schweiz eine Armeeverantwortliche ganz ohne militärische Seilschaften!

Einfluss: 5. Platz
Sympathie: 1. Platz

Diese Bundesräte werden auf die Ränge verwiesen

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Das Charisma hat er noch – an Einfluss aber büsste er ein: Alain Berset.
Foto: Keystone

Berset – der Charismatische

Innenminister Alain Berset (47) wird von 47 Prozent als einer der zwei einflussreichsten Bundesratsmitglieder eingestuft. Zu Beginn des Jahres taten dies noch 56 Prozent. Der Abstieg Berset erklärt sich wohl hauptsächlich mit dem Aufstieg von Keller-Sutter.

Der SP-Magistrat konnte erst kürzlich einen seiner grössten politischen Erfolge feiern. Erstmals seit Jahren steigen die Krankenkassenprämien nur minim. Der Romand ist ein politisches Alpha-Tier – charismatisch in der Art, knallhart in der Sache. Auch mit Keller-Sutter als starker Frau dürfte Berset die Geschicke der Regierung weiterhin massgeblich prägen.

Einfluss: 2. Platz
Sympathie: 2. Platz

Maurer – der Noch-Bundesrat

Ueli Maurers (68) im Volk wahrgenommener Einfluss brach regelrecht ein, von 51 Prozent Anfang Jahr auf aktuell noch 31 Prozent. Und das in seinem Amtsjahr als Bundespräsident! Es gibt nur eine stichhaltige Begründung dafür: die Spekulationen um einen baldigen Rücktritt.

Bleibt Maurer jedoch, bleibt auch sein Einfluss. Und dieser ist beachtlich. Er besetzt mit den Finanzen ein Schlüsseldepartement, das überall seine Finger im Spiel hat. Der Säckelmeister hat grossen Einfluss darauf, wo wie viel Geld ausgegeben wird. Auch die wichtigen Themen der Digitalisierung sind bei Maurer, was allerdings nur wenige wahrnehmen.

Einfluss: 3. Platz
Sympathie: 5. Platz

Sommaruga – die Unsichtbare

Runter geht es auch bei Simonetta Sommaruga (59). Nur noch 29 Prozent der Schweizer erachten sie als sehr einflussreich. Dabei hat sie mit dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) Anfang Jahr ein Schlüsseldepartement übernommen. Sie ist also Herrin über die derzeit drängensten Themen: Klima und Energie!

Doch Sommaruga konnte in diesen Dossiers noch nicht punkten. Das CO2-Gesetz mit Flugticketabgabe und einer CO2-Abgabe auf Benzin sowie der milliardenteure Ausbau des ÖV werden längst im Parlament beraten. Auch der Grundsatzentscheid zur Liberalisierung des Strommarkts ist im letzten Jahr unter Federführung von Doris Leuthard gefallen.

Einfluss: 4. Platz
Sympathie: 4. Platz

Cassis – der Anti-Diplomat

Das Rahmenabkommen steht exemplarisch für den beschränkten Einfluss von Ignazio Cassis (58): Die EU ist unnachgiebig, die innenpolitischen Fronten sind verhärtet, und im Bundesrat gibt es so viele Meinungen wie Mitglieder. Doch am zweitletzten Platz ist der Aussenminister auch selbst schuld. Etwa, weil er immer wieder provoziert.

Wohin die aussenpolitische Reise unter Cassis geht, ist ungewiss. Die Entwicklungshilfe versucht er stärker auf die Interessen der Schweiz auszurichten. Frühere Bestrebungen für einen Sitz im Uno-Sicherheitsrat hinterfragt er ebenso wie die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags.

Einfluss: 6. Platz
Sympathie: 6. Platz

Parmelin – der Weinbauer

Sogar SVP-Wähler glauben, Guy Parmelin (59) habe den geringsten Einfluss. Sie haben recht: Der unscheinbare Waadtländer hat im Siebner-Gremium wenig zu melden. Und dies, obwohl er seit Anfang Jahr nicht mehr für die Armee, sondern für Wirtschaft, Forschung und Bildung zuständig ist.

Die Zeitschrift «Das Magazin» fragte im Frühling, «ob er seinen Departementswechsel schon mitbekommen hat». Dies zumindest ist mittlerweile sicherlich geschehen: Im August hat Parmelin ein Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten abgeschlossen. Böse Zungen frotzeln immer noch: Der ehemalige Winzer dürfe bei Bundesratsessen immerhin den Wein auswählen.

Einfluss: 7. Platz
Sympathie: 7. Platz

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