Er zeigte es mit seinen Fingern an: Acht davon hielt Roberto Balzaretti (53), Staatssekretär im Aussendepartement (EDA), während einer Pressekonferenz Anfang Juli in die Höhe, als Bundesrat Ignazio Cassis (57) über Balzarettis Ferien sprach. Dazu ein freudiges Grinsen. Und sein Chef Cassis meinte amüsiert: «Ferien. Acht Wochen – wie alle Staatssekretäre.»
Auf mündliche Nachfrage von BLICK erzählt Roberto Balzaretti von seinen Sommerplänen. Er gehe ausgerüstet mit Angelschnur und Gummistiefeln zum Fischen nach Sardinien (I).
Das vertrage sich gut mit seiner Position als Chefunterhändler mit der EU. Denn nicht nur in Süditalien, wo das Dolcefarniente als Lebensphilosophie zelebriert wird, ist während der heissesten Wochen im Jahr nix los. Auch Bern und Brüssel ruhen.
Nur ein Scherz
BLICK hakte schriftlich beim EDA nach: Wie kommt der Tessiner Balzaretti zu so viel Ferienguthaben, um acht Wochen angeln zu gehen? Gar nicht, antwortet das Departement. Und sorgt für Verwirrung.
«Die Aussage von Staatssekretär Balzaretti war scherzhaft gemeint», so Sprecher Tilman Renz. Balzaretti «arbeitet in Bern und nimmt Ferien, wenn die Arbeit es zulässt».
Anspruch darauf hätte der Chefbeamte so einigen: Alle Angestellten der Bundesverwaltung haben bis zum 20. Lebensjahr sechs Wochen, ab dem 21. fünf und, sobald der 50. Geburtstag gefeiert ist, erneut sechs Wochen für Erholung zugut. Fürstlich haben es diejenigen beim Bund, die schon 60 Kerzen auf der Geburtstagstorte ausblasen durften: Sie können sieben Wochen in der Sonne liegen.
Lohn: 15'000 Franken aufwärts
Dafür kann das oberste Kader beim Bund Überstunden nicht kompensieren. Dort ist die Vertrauensarbeitszeit obligatorisch. Diese gilt in den Lohnklassen 30 bis 38 – also wenn die Beamten zwischen 15'527.85 Franken und 29'079.50 Franken pro Monat verdienen.
Doch ganz ohne Gegenleistung müssen sie keine Überstunden schieben: Sie kriegen stattdessen Geld. «Anstelle der Kompensation für Überzeit erhalten sie eine jährliche Entschädigung in Form einer Barvergütung von sechs Prozent des Jahreslohnes», so Antje Baertschi, Leiterin Kommunikation im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).
Baertschis Chefin spannt dieses Jahr vier Wochen aus: Seco-Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (57) ist von Mitte Juli bis Mitte August ferienabwesend.
Chefbeamte, die doch lieber Zeit statt Geld wollen, können das haben. «Sie können sich im Einvernehmen mit den Vorgesetzten auch zehn Ausgleichstage, also zwei zusätzliche Ferienwochen, oder 100 Stunden auf ein Sabbatical-Konto gutschreiben lassen», so Evelyn Kobelt, Sprecherin im Wirtschaftsdepartement von Johann Schneider-Ammann (66).
Bundesräte nehmen nur «einige Tage frei»
Auch beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind während sieben Wochen entweder nur der Chef oder sein Stellvertreter im Haus: Direktor Pascal Strupler (59) bezieht vier Wochen, seine Nummer zwei Roland Charrière (61) drei Wochen Ferien im Juli und August. Sprecher Gregor Lüthy: «Uns ist wichtig zu erwähnen, dass für Stellvertreterregelungen gesorgt ist und dass sowohl Pascal Strupler wie auch Roland Charrière während ihrer Abwesenheiten für das Amt jederzeit erreichbar sind.»
Und die Bundesräte? Justizministerin Simonetta Sommaruga (58) werde «ein paar Tage der Entspannung in der Schweiz und in Spanien» verbringen, Aussenminister Ignazio Cassis (57) erholt sich einige Tage zu Hause im Tessin – wenn er schon mal seinen Privatpool geniessen kann.
Maurer hält sich bedeckt
Und auch Verkehrs- und Umweltministerin Doris Leuthard (55) nimmt sich diesen Sommer ein paar Tage frei. Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66) wird sich «wahrscheinlich im Berner Oberland» entspannen. Verteidigungsminister Guy Parmelin (58) will im Juli einige Tage in der Toskana und den Rest seiner Ferien in der Schweiz verweilen. Finanzminister Ueli Maurer (67) zieht es hingegen in den Norden: Rund um den Nationalfeiertag ist er in Norwegen.