Verwandte, Vertraute und Strippenzieher
Das sind die seltsamen Gäste im Bundeshaus

Unter den Gästen im Bundeshaus wimmelt es von Lobbyisten. BLICK zeigt, wem unsere Parlamentarier ihre Badges zur Verfügung stellen.
Publiziert: 15.05.2015 um 08:33 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:09 Uhr
Von Matthias Halbeis und Ruedi Studer

Raymond Loretan ist als SRG-Verwaltungsratspräsident ein mächtiger Medienmann. Doch nicht nur das, der ehemalige CVP-Generalsekretär ist auch Vizepräsident der Privatklinik- und ­Luxushotelgruppe Aevis. Dazu Verwaltungsratspräsident der So­ciété Suisse des Explosifs. Zudem ist er Mitbegründer der Kanzleigemeinschaft FBL Associés, welche Beratungsdienste in den Bereichen Strategie und Kommunikation anbietet.

Und: Loretan verfügt über unbeschränkten Zugang zum Bundeshaus. Dank FDP-Nationalrat Christian Lüscher (GE) hat er einen Zutrittsbadge. Wie ihn jeder Parlamentarier an zwei Personen frei vergeben darf.

Trotz zahlreicher Mandate: Auf der Badge-Liste ist Loretan bloss als «Gast» deklariert. Damit illustriert der Walliser den Prototypen des undurchsichtigen Interessenvertreters im Bundeshaus.

Er ist nicht der einzige, wie eine BLICK-Auswertung zeigt. Zwar weisen die meisten Badge-Inhaber aus, in welchen Bereichen sie tätig sind (siehe Tabelle). Doch 48 Personen fungieren als Gast – ohne ihre Funktionen auszuweisen.

In vielen Fällen handelt es sich um Fami­lienangehörige. Doch auch knallharte Lobbyisten fliegen so unter dem Radar.

SVP-Nationalrat Alfred Heer (ZH) gewährt etwa Alexander Segert, dem Chef des PR-Büros Goal, ein Freibillett. Segert ist der Hauswerber der SVP – und sorgt immer wieder mit umstrittenen Abstimmungskampagnen für Schlagzeilen.

Der Grünen-Ständerat Luc Recordon (VD) hat Herbert Karch einen Badge vergeben. Karch war früher Geschäftsleiter der Kleinbauern-Vereinigung und führt heute ein eigenes Kam­pagnenbüro. Bei SP-Nationalrat Philipp Hadorn (SO) firmiert Annette Walder vom Gebetsnetzwerk Deutschschweiz als Gast. Sie will die Menschen hierzulande zum Beten moti­vieren.

Selbst bei Familienmitgliedern ist nicht immer klar, ob sie nicht auch handfeste Interessen vertreten. So bietet der Ehemann von SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (LU), Richard Estermann, mit seiner Consultingfirma «individuelle Persönlichkeitsberatung und Profilierung für Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Kunst» an.

Für Otto Hostettler, «Beob­achter»-Journalist und Co-Präsident von Lobbywatch.ch, zeigen die Beispiele: «Das Register ist ein Witz!» Weder werde es kontrolliert, noch hätten falsche oder fehlende Angaben irgendwelche Konsequenzen. «Jeder Gast kann deklarieren, was er will.»

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