Jetzt werden die Schweizer Versandhändler politisch aktiv. Ihre erste Aktion: eine Interpellation, diese Woche eingereicht von SVP-Nationalrat Franz Grüter (LU, 55). Der IT-Unternehmer macht beim Bundesrat Druck, dass der Bund als Eigner der Post für gleich lange Spiesse bei in- und ausländischen Onlinehändlern sorgt.
«Wenn der Bundesrat etwas gegen die Hochpreisinsel Schweiz machen will, wie er immer ankündigt, dann kann er jetzt zumindest dafür sorgen, dass sie keine Briefformatinsel mehr ist», so Grüter.
Briefe aus China dürfen schwerer und dicker sein
Das Problem der Online-Versandhändler liegt in den unterschiedlichen Tarifen für Briefe und Pakete.
Im Inland aufgegebene Briefe dürfen ein maximales Gewicht und eine maximale Dicke nicht überschreiten, damit sie die Schweizer Post befördert. Sendungen, die dicker als zwei Zentimeter sind und schwerer als ein Kilogramm, werden nur als Paket entgegengenommen. Es sei denn – und das wissen sehr viele nicht –, die dicken und schweren Kleinwarensendungen kommen aus dem Ausland!
Onlinehändler aus China und insbesondere aus Entwicklungsländern dürfen gemäss internationalen Verträgen mit dem Weltpostverein (Universal Post Union, UPU) Lieferungen von bis zu zwei Kilogramm und bis zu 90 Zentimeter Umfang zum günstigeren Brieftarif in die Schweiz schicken. Von der Schweizerischen Post werden sie dann wie Pakete behandelt – was laut Post-Sprecherin Léa Wertheimer dem «effizientesten Kanal» entspricht.
Schweizer Händler zahlen das Doppelte oder Dreifache
Die Tarifunterschiede sind für die ausländischen Versandhändler attraktiv. Sogenannte Kleinwarensendungen aus China, etwa von Aliexpress, kosten etwa 2.30 Franken. Zum Vergleich: Ein Schweizer Händler zahlt für vergleichbare Lieferungen von bis zu 2 Kilogramm das Doppelte bis Dreifache.
«Klar, dass uns dies als Schweizer Onlinehändler nervt», sagt Patrick Kessler (50), Präsident des Verbands des Schweizerischen Versandhandels (VSV). Betroffen sind vor allem auch die Kunden der Schweizer Online-Versandhäuser wie Brack, Galaxus oder Microspot: denn die Händler geben die Versandkosten an die Kundschaft weiter. Laut Kessler könnten bei Gleichbehandlung schätzungsweise 50 bis 60 Prozent der heutigen Pakete günstiger verschickt werden.
Kunden sind doppelt bestraft
Die Kunden könnten aber nicht nur von tieferen Versandkosten, sondern auch von günstigeren Preisen profitieren, wenn die Schweizer Versandhäuser im explodierenden E-Commerce gegenüber der ausländischen Konkurrenz wettbewerbsfähiger wären.
Der Tarifvorteil begünstigt diese stark: Allein die rund 23 Millionen Kleinwarensendungen, die 2018 unter UPU-Konditionen aus Asien in die Schweiz verschickt wurden, sorgen bei Schweizer Händlern für einen Wettbewerbsnachteil im Gesamtwert von gegen 50 Millionen Franken.