Der Zürcher SP-Sicherheitsdirektor Mario Fehr (60) schiesst scharf gegen das Staatssekretariat für Migration (SEM) und gegen die frühere Departementschefin, seine Parteikollegin Simonetta Sommaruga (58).
Im Interview mit der «NZZ» sagte Fehr am Dienstag, er habe mehrmals direkt beim SEM interveniert, damit dieses endlich dafür sorge, dass der kriminelle Hassprediger der Winterthurer An-Nur-Moschee nach Äthiopien ausgeschafft werde. Die neue Bundesrätin Karin Keller-Sutter (55) sei hier gefordert.
Was der Regierungsrat damit stillschweigend ebenfalls aussagt: Unter Sommarugas Führung sei man zu wenig aktiv gewesen. Und dass Fehr damit rechnet, dass die neue freisinnige Departemensvorsteherin konsequenter handle als die Genossin Sommaruga.
Rückenschuss auf Weggefährtin
Dass Fehr gegen seine langjährige Weggfährtin und Parteifreundin schiesst, irritiert. Gerne hätte BLICK den Sicherheitsdirektor persönlich nach seinen Gründen gefragt, weshalb er das SEM unter der Leitung von Staatssekretär Mario Gattiker (61) und die SP-Bundesrätin öffentlich kritisiert. Schliesslich duzen sich nicht nur die Genossen, sondern auch die beiden Marios – man kennt sich gut. Fehr war telefonisch jedoch nicht erreichbar.
So muss über Fehrs Gründe spekuliert werden: Der Zürcher Regierungsrat hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Winterthurer Prediger so rasch wie möglich das Land verlässt. Schliesslich kostet der Äthiopier den Steuerzahler nicht nur eine Stange Geld. Der Imam stellt vor allem eine potenzielle Gefahr für die Bevölkerung dar. Er hatte Hinrichtungsvideos geteilt und zum Mord an zu weniger gläubigen Muslimen aufgerufen.
Sollte der Mann aus seiner momentanen Ausschaffungshaft freikommen und nicht abgeschoben werden können, wäre weiterhin Fehr für ihn verantwortlich. Mit der Äusserung im Interview setzt der Zürcher Regierungsrat nicht nur die neue Justizministerin unter Druck, sondern er reicht auch den schwarzen Peter präventiv nach Bern weiter.
Schuld liegt auch bei Zürich
Die Schuld dafür, dass der Hassprediger nach wie vor in der Schweiz weilt, liegt aber nicht – wie Fehr die Öffentlichkeit Glauben machen will – allein beim SEM. Der frühere Bündner Migrationschef und SVP-Nationalrat Heinz Brand (63) sieht auch Fehr in der Verantwortung: «Zuerst braucht es kreative Ideen der Kantone, danach kann das SEM die Bemühungen zur Ausschaffung unterstützen und begleiten», so der SVPler.
Und Brand nimmt das SEM weiter in Schutz: «Mit Äthiopien selber war es bis vor kurzem nicht ganz einfach, abgewiesene Asylbewerber zwangsweise zurückzuführen. Mit dem eben geschlossenen Abkommen mit dem afrikanischen Land müsste es nur besser und einfacher klappen.»
Letzten Mittwoch hatte das SEM nämlich verkündet, dass Äthiopien die Vereinbarung bestätigt hat, ihre Staatsangehörigen auch gegen deren Willen zurückzunehmen.
«Es gibt immer Möglichkeiten»
Brand präzisiert aber, es gebe immer Möglichkeiten, beispielsweise auch über Drittstaaten oder teilweise auf dem Landweg jemanden zurückzuführen.
Und dann unterstreicht der Bündner doch noch, dass er im Parlament die SVP vertritt: «Beim SEM hat heute die Integration die erste Priorität, nicht die Rückführungen.»
Halbierung der pendenten Fälle
SEM-Sprecher Daniel Bach (50) geht nicht auf den konkreten Fall ein. Auch er kommt stattdessen auf die neue Vereinbarung mit Äthiopien zu sprechen: Dank dieser könne man abgewiesene Asylsuchende «nun auch zwangsweise in dieses Land zurückschaffen». Man habe dies auch schon bei zwei Personen getan.
Zudem macht Bach darauf aufmerksam, dass das SEM die Ausschaffungen effizient vollziehe und «die pendenten Fälle seit 2013 halbieren» konnte.