Uno will weltweite Regeln
Migrations-Pakt spaltet die Schweiz

Der Uno-Migrationspakt beschäftigt die Schweiz. Der Bundesrat wird aufgefordert, die Vereinbarung für eine geordnete Migration ohne die Zustimmung des Parlamentes nicht zu unterschreiben.
Publiziert: 27.10.2018 um 01:42 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2018 um 03:27 Uhr
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Der Bundesrat will den Uno-Migrationspakt unterschreiben.
Foto: Keystone
Julien Duc und Martina Tomaschett

Der Uno-Migrationspakt spaltet die Schweiz – wie zahlreiche andere Länder auch. Die globale Vereinbarung für eine «sichere, geordnete und reguläre Migration» soll an der Konferenz vom 10. und 11. Dezember in Marrakkesch (Marokko) offiziell verabschiedet werden – auch mit der Unterschrift der Schweiz. Doch nun mehren sich die Stimmen, die starke Vorbehalte gegenüber dem Pakt haben.

Dass die SVP seit der ersten Minute gegen das Uno-Papier schiesst, erstaunt nicht. Bereits im September warnte sie von einer «Welt ohne Grenzen und vollständiger Migration». Auch Aussenminister Ignazio Cassis (57) äusserte sich zuerst kritisch. Er liess das Migrationspapier deshalb von der Verwaltung auf seine Auswirkungen hin analysieren. Den Grundsatzentscheid des Gesamtbundesrats, den Migrationspakt zu unterzeichnen, konnte diese Prüfung allerdings nicht kippen.

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Parlament will mitentscheiden

Doch auch FDP und CVP sind damit nicht einverstanden: Sie verlangen, dass der Bundesrat das Parlament vorher über die Auswirkungen des Pakts informiert. Die staatspolitische Kommission des Nationalrats hat eine entsprechende Motion bereits eingereicht. Da die Zeit für eine Beratung im Parlament bis zur Konferenz im Dezember knapp wird, wollen FDP und CVP, dass der Bundesrat vorerst nicht unterschreibt.

Absagen und Vorbehalte

Von allen 193 Uno-Staaten haben bislang die USA, Australien und Ungarn angekündigt, beim Migrationspakt nicht mitzumachen. Sie sehen durch ihn die nationale Souveränität bedroht. Nicht die totale Absage, dafür aber Vorbehalte wie in der Schweiz lassen sich vielerorts finden. Die rechtskonservative Regierung Österreichs beispielsweise sieht einige Punkte des Paktes «sehr kritisch» und «im Widerspruch» zum Regierungsprogramm. Auch Polens Regierung erwägt die Nichtunterzeichnung – der Pakt vernachlässige den Schutz der Polen und die Begrenzung der Migration. In Deutschland macht die Alternative für Deutschland (AfD) Stimmung gegen den Pakt. Dieser würde einer noch nie da gewesenen Völkerwanderung Tür und Tor öffnen. Mit dieser Ansicht steht sie unter den Parteien Deutschlands allerdings isoliert da.

Von allen 193 Uno-Staaten haben bislang die USA, Australien und Ungarn angekündigt, beim Migrationspakt nicht mitzumachen. Sie sehen durch ihn die nationale Souveränität bedroht. Nicht die totale Absage, dafür aber Vorbehalte wie in der Schweiz lassen sich vielerorts finden. Die rechtskonservative Regierung Österreichs beispielsweise sieht einige Punkte des Paktes «sehr kritisch» und «im Widerspruch» zum Regierungsprogramm. Auch Polens Regierung erwägt die Nichtunterzeichnung – der Pakt vernachlässige den Schutz der Polen und die Begrenzung der Migration. In Deutschland macht die Alternative für Deutschland (AfD) Stimmung gegen den Pakt. Dieser würde einer noch nie da gewesenen Völkerwanderung Tür und Tor öffnen. Mit dieser Ansicht steht sie unter den Parteien Deutschlands allerdings isoliert da.

Dies will auch die SVP-nahe Bürgerbewegung «Patrioten Schweiz». Sie sammelt Unterschriften für eine Petition, die den Bundesrat zurückpfeifen soll. «Ein solcher Pakt darf nie und nimmer ohne die Zustimmung des Volkes unterzeichnet werden», heisst es auf dem Sammelbogen.

Migrationspakt ist nicht bindend

Ist die Aufregung berechtigt? Worum geht es im Pakt eigentlich? Und vor allem: Wozu soll sich die Schweiz darin verpflichten? Der Uno-Migrationspakt definiert 23 Ziele mit der Absicht, reguläre Migration – also Aus- und Einwanderungen von Studenten und Arbeitskräften zu erleichtern und gleichzeitig die negativen Auswirkungen illegaler Migration durch internationale Zusammenarbeit zu reduzieren.

So will die Vereinbarung etwa die Hilfe vor Ort verbessern, Menschenhandel bekämpfen, die Wahrung der Menschenrechte stärken, Rückführungen regeln oder auch nachhaltige Integration fördern. Zu jedem der 23 Ziele formuliert der Migrationspakt Umsetzungsmöglichkeiten.

Rechtlich verbindlich sind die Ziele des Pakts nicht, wie Bundesrat und Aussendepartement (EDA) betonen. Denn die Vereinbarung ist kein internationaler Vertrag, sondern nur «weiches Recht». Faktisch müsste die Schweiz also gar nichts davon umsetzen.

Keine Integrationsaufforderung an die Migranten

Das ist mit ein Grund für die Unterzeichnungsabsicht des Bundesrats. Der Migrationspakt, so die Landesregierung, entspreche weitestgehend unserer heutigen Einwanderungspolitik. Die Schweiz müsste nur in einem Punkt eine Anpassung vornehmen, wenn sie das will. Nämlich den, dass Minderjährige nicht mehr in Ausschaffungshaft genommen werden sollen.

Doch nicht nur die Verbindlichkeit der Pakts, vor allem bestimmte Formulierungen sorgen für Kritik. So erwartet der Migrationspakt von den Migranten nicht die Integration in die Kultur der Einwanderungsländern. Gleichzeitig betont er aber, dass die Einwanderungsländer die Migranten beim Zugang zum Sozialsystem nicht diskriminieren dürfen. Zudem sollten sich die Behörden dafür einsetzen, dass Migration den Bevölkerungen als etwas Positives verkauft werde – etwa durch staatliche Kampagnen und gezielte «Aufklärung» der Medienschaffenden. Verlage, die die Diskriminierung von Migranten förderten, sollen keine staatliche Unterstützung mehr erhalten. Diese Einschränkung der Pressefreiheit geht vielen Bürgerlichen gegen den Strich.

Befürworter: Migration muss multilateral gelöst werden

Von links geniesst der Migrationspakt grosse Unterstützung. Die SP begrüsst, dass das Thema Migration mit dem Pakt auf internationaler Ebene angegangen werde. Den Vorwurf, der Pakt wolle Pressezensur, weist sie zurück: Bereits heute habe in der Schweiz kein Medium, das Diskriminierung fördert, Anspruch auf staatliche Unterstützung. Mit dem Pakt ändere sich also nichts. Auch Grüne und Grünliberale erwarten vom Bundesrat, dass er den Pakt unterzeichnet.

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