Umweltschützer zerzausen die Strategie des Bundesrates
Zu viele Tiere, zu viel Gülle

Bald stellt der Bundesrat seine Pläne für die künftige Landwirtschaftspolitik vor. Landwirte und Umweltschützer liegen einander bereits in den Haaren.
Publiziert: 08.02.2020 um 23:42 Uhr
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Der Viehbestand in der Schweiz sei deutlich zu hoch, kritisieren die Umweltschützer.
Foto: Keystone
Simon Marti

Spätestens übernächste Woche präsentiert der Bundesrat seine Strategie für die Agrarpolitik ab 2022. Noch ehe aber das ­Papier das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, üben Umweltschützer bereits massive Kritik. Die Ökologie komme zu kurz, heisst es. Der Bund nehme die Bauern zu wenig in die Pflicht.

«Wir gehen davon aus, dass sich die Agrarlobby einmal mehr durchgesetzt hat. Der schwachen ökologischen Bilanz der Schweizer Landwirtschaft zum Trotz», sagt Eva Wyss (56), Agrar-Expertin beim WWF.

Klar werde dies mit Blick auf die Instrumente, mit denen der Bundesrat die Landwirtschaft der nächsten Jahre prägen will. «Er setzt einmal mehr auf finanzielle Anreize und primär auf die Freiwilligkeit der Bauern und Bäuerinnen», so Wyss. Das reiche einfach nicht. «Schon gar nicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.»

Zwar müssen Landwirte einen ökologischen Leistungsausweis erbringen, um Direktzahlungen zu erhalten. Doch für den WWF geht dieser Nachweis viel zu wenig weit. Wyss setzt beim Tierbestand an: Diesen gelte es «deutlich» zu senken. So sei der Überschuss an Gülle, einer der Haupttreiber der negativen Umweltbilanz der Landwirtschaft. Zwar anerkenne auch der Bundesrat, dass durch die Überdüngung mit Gülle zu viel Stickstoff in die Umwelt gelange und die Artenvielfalt dadurch geschädigt werde. Doch die Schlussfolgerung fällt aus Sicht der Umweltschützer halbherzig aus: «Der vorgesehene Absenkpfad ist viel zu lasch.» Die geplante Reduktion reiche bei weitem nicht aus, um das durch die Überdüngung verursachte «massive Artensterben» aufzuhalten, warnt Wyss.

Happige Forderungen

Höhere Anforderungen für Direktzahlungen, weniger Tiere und eine Einschränkung des Einsatzes von Dünger. Happige Forderungen an die Adresse der Landwirte. Die sehen sich zu Unrecht als Verhinderer gebrandmarkt. «Viele Landwirte haben heute den Eindruck, dass die Schweiz gegen sie ist», sagt etwa Andreas Aebi (61), Landwirt aus Alchenstorf BE und Nationalrat der SVP. Dies stimme zwar nicht, ergänzt er rasch. «Aber ich kann verstehen, dass manche diesen Eindruck haben.» Denn viele seiner Kollegen, er eingeschlossen, seien längst dabei, ihre Betriebe umzustellen. Auch sei der Rinderbestand in den letzten 20Jahren um 100000 Tiere gesunken. «Das wird halt gerne verschwiegen», so Aebi. Auch führten die Landwirte von sich aus Bodenproben durch. «Und wenn ein Missstand festgestellt wird, haben wir auch nichts dagegen, wenn eingegriffen wird.»

Jede Verschärfung der Vorschriften seitens der Politik gehe aber zwangsläufig auf Kosten der inländischen Produktion. «Diesen Rückgang würde durch Importe aus dem Ausland kompensiert», so Aebi. Diese würden sicher weniger umweltfreundlich hergestellt werden als die Produkte hierzulande.

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