Die SP spricht von einem eigentlichen «Kahlschlag». Die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) schlägt vor, dass die geplante Überbrückungsrente für ausgesteuerte Arbeitslose erst ab 62 Jahren ausgerichtet werden soll. Die Konsequenz: Männer würden die Überbrückungsrente ein Jahr lang bekommen, alle Frauen aber wären von den Leistungen ausgeschlossen.
Denn in der Wintersession hatte der Ständerat bereits beschlossen, dass die Überbrückungsrente nur bis zur Frühpensionierung ausgerichtet werden soll – also bis zu jenem Zeitpunkt, an dem der Vorbezug der AHV-Altersrente möglich ist. Das ist bei Frauen mit 62 Jahren der Fall. Ergo: Keine Frau würde die Überbrückungsrente erhalten. Dafür aber lebenslang weniger AHV-Rente bekommen.
«Grotesker Entscheid»
Der Bundesrat hatte unter der Federführung von FDP-Justizministerin Karin Keller-Sutter (56) und SP-Sozialminister Alain Berset (47) vorgeschlagen, dass die Überbrückungsrente bis zur ordentlichen Pensionierung ausgezahlt werden soll. Damit hätten Frauen und Männer davon profitieren können. Das aber war im Ständerat ausgerechnet von Keller-Sutters eigener Partei torpediert worden.
Für die SP ein Grund, auf die Barrikaden zu gehen. «Dieser Entscheid ist völlig grotesk», so WAK-Mitglied Cédric Wermuth (33). Der Aargauer Sozialdemokrat betont, dass der Kommissionsmehrheit durchaus bewusst gewesen sei, was sie da beschliesst. «Ich kann mir nur vorstellen, dass es sich dabei um Obstruktionspolitik handelt», sagt er. «Man versucht, die Überbrückungsleistung mit allen Mitteln zu verhindern.»
Dabei hat der Ständerat der Überbrückungsrente schon die meisten Zähne gezogen. So hat er etwa die «Höchstrente» für alleinstehende Personen von 58'350 Franken, wie der Bundesrat wollte, auf 38'900 Franken pro Jahr gesenkt. Den Höchstbetrag für Ehepaare legte der Rat bei 58'350 statt 87'525 Franken fest.
Niemand will es gewesen sein
Weder Bürgerliche noch Mitte-Politiker in der Nationalratskommission wollen sich nun aber den kompletten Ausschluss der Frauen zuschreiben lassen. Einzelne wollen sich an den Diskussionen nicht beteiligt haben, andere seien gleich ganz abwesend gewesen.
GLP-Präsident Jürg Grossen (50) stellt klar, dass bei seiner Partei grundsätzlich Skepsis gegenüber den Überbrückungsleistungen besteht. «Es besteht die Gefahr, dass sie Fehlanreize schaffen – sowohl für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmer», sagt er.
Das sieht auch WAK-Mitglied Petra Gössi (44) so. Die FDP-Präsidentin lässt aber durchblicken, dass sie mit der jetzigen Fassung auch nicht glücklich ist. «Das Parlament muss vor allem prüfen, dass keine Anreize gesetzt werden, dass ältere Arbeitnehmer vorzeitig entlassen werden», sagt sie zu BLICK.
Nun krebsen sie zurück
Zudem wollte Gössi gemäss eigenen Angaben, dass die Sozialkommission, die eigentlich zuständig ist und am Donnerstag die Beratung der Überbrückungsrente aufnimmt, auch das Modell des Kantons Waadt prüft. Dieses garantiere, dass eine Überbrückungsleistung bis zum ordentlichen Rentenalter ausbezahlt wird, ausser wenn jemand später ohnehin Ergänzungsleistungen beziehen müsste. «Davon hätten insbesondere die Frauen profitiert», sagt sie.
In der Kommission wurden immerhin vertiefte Abklärungen zu den Auswirkungen der Überbrückungsleistungen beantragt. Ein Punkt ist Grossen aber ganz wichtig zu betonen: «Sollte es zu einer solchen Lösung kommen, wäre es aber völlig klar, dass Frauen auf keinen Fall davon ausgeschlossen werden dürfen und gleichermassen profitieren sollten.»
Kosten von netto 200 Millionen
Der Bundesrat geht davon aus, dass nach der Einführungsphase etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf Überbrückungsleistungen haben. Die Kosten für den Bund betrügen in der Bundesratsversion 30 Millionen Franken im Jahr 2021. In den Folgejahren würden sie steigen und ab 2030 rund 230 Millionen Franken im Jahr betragen.
Dem stünden Einsparungen bei den Ergänzungsleistungen von anfangs 20 Millionen und später mehr als 30 Millionen Franken pro Jahr gegenüber, schrieb der Bundesrat in der Botschaft ans Parlament.
Man weiss es seit langem: Menschen, die kurz vor dem Rentenalter ihre Stelle verlieren, haben grössere Schwierigkeiten wieder einen Job zu finden. Ihnen droht die Aussteuerung – und damit der Gang aufs Sozialamt.
Der Bundesrat will nun Gegensteuer geben: Wem nach dem 60. Geburtstag die Aussteuerung droht, der soll bis zum AHV-Alter eine Überbrückungsrente erhalten. Maximal 58'350 Franken pro Jahr soll es für eine Einzelperson geben, für Ehepaare höchstens 87 '525 Franken. Für alle gibt es die Überbrückungsleistung allerdings nicht.
- Berechtigt ist, wer mit 58 Jahren oder später seine Stelle verloren, dann 22 Monate Arbeitslosengeld erhalten hat, und dem nun die Sozialhilfe droht.
- Man muss mindestens 20 Jahre AHV-Beiträge bezahlt haben.
- Das Vermögen darf maximal 100'000 Franken Vermögen (200'000 Franken bei Ehepaaren) betragen. Selbstbewohntes Wohneigentum wird nicht angerechnet, das Ersparte aus der Säule 3a allerdings schon.
- Anspruchsberechtigt ist nur, wer keine IV-Rente erhält und auch seine AHV nicht vorbezieht.
Der Bundesrat geht davon aus, dass etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf eine Überbrückungsrente haben. Sermîn Faki
Man weiss es seit langem: Menschen, die kurz vor dem Rentenalter ihre Stelle verlieren, haben grössere Schwierigkeiten wieder einen Job zu finden. Ihnen droht die Aussteuerung – und damit der Gang aufs Sozialamt.
Der Bundesrat will nun Gegensteuer geben: Wem nach dem 60. Geburtstag die Aussteuerung droht, der soll bis zum AHV-Alter eine Überbrückungsrente erhalten. Maximal 58'350 Franken pro Jahr soll es für eine Einzelperson geben, für Ehepaare höchstens 87 '525 Franken. Für alle gibt es die Überbrückungsleistung allerdings nicht.
- Berechtigt ist, wer mit 58 Jahren oder später seine Stelle verloren, dann 22 Monate Arbeitslosengeld erhalten hat, und dem nun die Sozialhilfe droht.
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- Anspruchsberechtigt ist nur, wer keine IV-Rente erhält und auch seine AHV nicht vorbezieht.
Der Bundesrat geht davon aus, dass etwa 4400 Personen jährlich Anspruch auf eine Überbrückungsrente haben. Sermîn Faki