Ehemalige Verdingkinder haben das Anrecht auf eine Entschädigung. Doch wer die Meldefrist verpasst hat, kriegt kein Geld. Ein in Deutschland wohnhafte Mann hatte die Frist um knapp zweieinhalb Monate überschritten und ging deswegen bis vor das Bundesgericht, wo er aber verlor. Jetzt gibt es Hoffnung.
Der Bundesrat ist einverstanden, dass die Frist für die Einreichung von Gesuchen für Solidaritätsbeiträge an ehemalige Verdingkinder ersatzlos gestrichen wird. Er hat dem entsprechenden Gesetzesentwurf zugestimmt. Die Streichung der Frist ermögliche es weiteren Opfern von administrativen Zwangsmassnahmen, ohne zeitlichen Druck ein Gesuch einzureichen, teilte der Bundesrat am Mittwoch mit. Die Empfehlung, die Frist abzuschaffen, kommt von der unabhängigen Expertenkommission (UEK) Administrative Versorgungen, welche das Thema aufgearbeitet hat.
Parlament muss zustimmen
National- und Ständerat müssen der entsprechenden Gesetzesänderung noch zustimmen. Dies dürfte jedoch eine Formsache sein. Die Änderung angestossen hatte Ständerat Raphaël Comte (FDP/NE) mit einer parlamentarischen Initiative. Die zuständigen Kommissionen des Ständerats und des Nationalrats haben diese gutgeheissen.
Eine zusätzliche Frist wäre ein Akt der Menschlichkeit und würde es erlauben, Personen zu entschädigen, denen es das erlittene Leid bisher schwer bis unmöglich gemacht habe, sich an die ursprüngliche Frist zu halten, hatte der Initiant seinen Vorstoss begründet.
Die Frist für Gesuche um einen Solidaritätsbeitrag war Ende März 2018 ausgelaufen. Eingegangen waren bis zu diesem Zeitpunkt über 9000 Gesuche. Gemäss den Forschungsergebnissen der Expertenkommission waren im Lauf des 20. Jahrhunderts mindestens 60'000 Personen in 648 Institutionen in der Schweiz unter Zwang administrativ versorgt worden. (brb/SDA)