Travailsuisse droht mit Referendum
Nationalrat erleichtert Versicherungen Observationen

Der Unfallversicherer Suva lobbyiert dafür, dass Versicherer ihre Kunden ohne richterliche Genehmigung observieren dürfen. Der Nationalrat erleichterte heute tatsächlich die entsprechenden Vorschriften (siehe Ticker). Die Gewerkschaft Travailsuisse droht mit dem Referendum.
Publiziert: 12.03.2018 um 14:24 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:46 Uhr
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Am Montag entscheidet der Nationalrat, ob die Versicherer richterliche Genehmigungen für Observationen einholen müssen oder nicht.
Foto: KEYSTONE
Julien Duc

Dürfen Sozialversicherungen ihre Kunden ohne richterliche Genehmigung observieren? Heute entscheidet der Nationalrat über diese heisse Frage. Verfolgen Sie die spannende Debatte ab 15.30 Uhr im BLICK-Liveticker.

Carte blanche für Versicherer

Der Ständerat hatte bereits im ­Dezember zugunsten der Ver­sicherer beschlossen, die Hürden für Observationen aus dem Weg zu schaffen, um poten­zielle Missbräuche aufzudecken. 

Das neue Gesetz wäre de ­facto eine Carte blanche für die Versicherer. Privatdetektive dürften künftig in ihrem Auftrag Verdächtige beobachten und verfolgen, Video- und Tonaufnahmen machen – und das alles in Eigenregie, ohne richterliche Genehmigung. Einzig für Instrumente zur Standortbestimmung, namentlich das GPS-­Tracking, wäre das richterliche Okay nötig. Private Ermittler hätten also mehr Rechte als etwa die Polizei bei Observa­tionen von Straftätern.

Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich droht mit dem Referendum gegen das Überwachungsgesetz.
Foto: STR

Dass der Nationalrat diese Regelung heute gutheisst, ist wahrscheinlich. Die vorbera­tende Kommission jedenfalls empfiehlt die Annahme des laschen Gesetzes, obwohl sie sich zunächst für die richterliche Hürde ausgesprochen hat – dem aggressiven Lobbying des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV) und dem Unfallversicherer Suva sei Dank.

«Richterliche Bewilligungen für alle Observationsmassnahmen einzuholen, sei «eine massive und praxisuntaugliche Verschärfung» der bisherigen Praxis, jammerten sie erfolgreich in einem Brief an die Kommissionsmitglieder.

Travailsuisse-Präsident kritisiert Suva

Darüber erzürnt ist Travail­suisse-Präsident Adrian Wüthrich (37). Seine Gewerkschaft ist mit sechs Köpfen im Suva-Rat vertreten. Es sei stossend, dass die Suva als sozialpartnerschaftlich geführte selbständige Unternehmung die Entscheidung des Parlaments in dieser Sache beeinflussen wolle – und damit direkt gegen die eigenen Versicherten losgehe.

«Dabei führt die Suva gerade mal zehn Observationen jährlich durch», kritisiert Wüthrich. Die Überwachungen seien auch noch möglich, wenn richter­liche Genehmigungen eingeholt werden müssten, so seine Überzeugung. Dafür aber die Verhältnismässigkeit auszuhebeln und die Persönlichkeitsrechte der Versicherten zu beschneiden, sei unnötig.

Referendum prüfen

Ebenfalls bedenklich findet es Wüthrich, dass Privatdetektive mit dem neuen Gesetz Instrumente in die Hand bekommen, über die nicht einmal die Polizei verfügt. «Das Gesetz macht die Schranken ganz weit auf und verschafft den Versicherern volle Observationsmöglichkeiten.»

Deshalb kündigt der Travailsuisse-Chef an: «Kommt das Gesetz in seiner jetzigen Form durch, prüfen wir zusammen mit unseren Verbündeten, das Referendum zu ergreifen.» 50'000 kritische Stimmen lassen sich dafür sicherlich rasch finden.

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