Todesstrafen-Abstimmung braucht keine Bewilligung
In der Schweiz hat Erdogan freie Bahn

Der Bundesrat hat die Praxis für ausländische Abstimmungen hierzulande 1994 liberalisiert. Eine Bewilligung braucht es seither nicht mehr. Notfalls kann der Bundesrat aber von einem Widerrufsrecht Gebrauch machen.
Publiziert: 11.05.2017 um 15:28 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 04:25 Uhr
Recep Tayyip Erdogan spricht vor Mitgliedern der Partei AKP am 2. Mai 2017 in Ankara.
Foto: EPA/Turkish President Press Office/Handout
Ruedi Studer

Beim türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan steht die Wiedereinführung der Todesstrafe zuoberst auf der politischen Agenda. Wenn nötig, will er dazu ein Referendum ansetzen (BLICK berichtete). In Deutschland würde das Todesstrafe-Referendum verboten.

In der Schweiz hingegen hat Erdogan freie Bahn! Eine Genehmigung für eine Volksabstimmung auf Schweizer Boden braucht er derzeit nicht. 

Praxis 1994 liberalisiert

Gemäss eines bisher unveröffentlichten Bundesratsbeschlusses hat die Landesregierung 1994 die Praxis bei Auslandsabstimmungen liberalisiert. «Seither können die in der Schweiz akkreditierten diplomatischen Missionen ihren Staatsangehörigen die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen in der Schweiz ermöglichen, ohne dass vorgängig eine Bewilligung des EDA notwendig ist», erklärt Aussendepartements-Sprecher Tilman Renz. Aber: «Die diplomatischen Missionen haben die entsprechenden Anlässe im Voraus dem EDA mitzuteilen.»

Die Urnengänge können in Botschaften und Konsulaten abgehalten werden, ausnahmsweise auch in anderen Lokalitäten. Für letztere braucht es eine Ermächtigung des EDA.

Über eine Liste, welche Länder in den letzten Jahren in der Schweiz Wahlen oder Abstimmungen durchgeführt haben, verfügt das EDA nicht.

Widerrufsrecht eingebaut

Allerdings hat der Bundesrat in seinem Entscheid von 1994 ein Notfall-Hintertürchen eingebaut – ein Widerrufsrecht. Dazu Renz: «Der Bundesrat kann seinen Liberalisierungsentscheid generell oder im Einzelfall widerrufen, wenn es die Umstände erfordern.» 

Offen bleibt aber, ob der Bundesrat im Falle eines Todesstrafe-Referendums von seinem Widerrufsrecht auch Gebrauch macht. Aussenminister Didier Burkhalter hatte zuvor gegenüber BLICK erklärt: «Wenn das Problem kommt, werden wir uns die Frage stellen.»

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