SVP will Landesrecht vor Völkerrecht
Bundesrat eröffnet Kampf gegen Selbstbestimmungs-Initiative

Simonetta Sommaruga (SP) und Johann Schneider-Ammann (FDP) eröffnen die Schlacht gegen die Selbstbestimmungs-Initiative der SVP. Diese gefährde die Verlässlichkeit und Stabilität der Schweiz, warnen die Bundesräte.
Publiziert: 25.09.2018 um 14:23 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2018 um 11:48 Uhr
Der Bundesrat informiert zur Selbstbestimmungsinitiative
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Live aus Bern:Der Bundesrat informiert zur Selbstbestimmungsinitiative
Julien Duc

Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung. Nur zwei Tage nach dem letzten Urnengang läutet der Bundesrat den Abstimmungskampf gegen die Selbstbestimmungs-Initiative der SVP ein, über die Volk und Stände am 25. November befinden. Justizministerin Simonetta Sommaruga (58, SP) und der scheidende Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66, FDP) legen vor den Medien dar, wieso sie das SVP-Anliegen bekämpfen.

Die Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter» setze die Stabilität und Verlässlichkeit aufs Spiel, führe zu einer grossen Rechtsunsicherheit und gefährde den Wirtschaftsstandort Schweiz, so das Argumentarium des Bundesrates.

Bundesrat: «Schweiz braucht geregelte Beziehungen»

Zur Erinnerung: Die SVP-Initiative verlangt, dass die Bundesverfassung die oberste Rechtsquelle ist. Was in der Schweizer Verfassung steht, soll immer höher gewichtet werden als Völkerrecht. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Zwingendes Völkerrecht wie etwa das Folterverbot soll auch der Verfassung vorangehen.

Widerspricht Völkerrecht der Landesrecht, dann muss die Schweiz diese völkerrechtlichen Verträge, wie zum Beispiel die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), so anpassen, dass sie nicht mehr im Widerspruch zu Verfassungsbestimmungen stehen.

«Die Selbstbestimmungs-Initiative zwingt uns dazu, wichtige internationale Verträge zu brechen, neu zu verhandeln und zu kündigen», warnt Sommaruga. Das führe zu unnötigen Konflikten im In- und Ausland. «Dieses gefährliche Experiment sollten wir uns ersparen.»

Als Land mitten in Europa und als Exportnation brauche die Schweiz geregelte Beziehungen zu ihren Nachbarn und zur Welt. Darf die Schweiz einen internationalen Vertrag nicht mehr anwenden, weil er einer Verfassungsnorm widerspricht, könnte das im Ausland als Vertragsbruch ausgelegt werden, was dem Ruf der Schweiz schaden würde.

Schweiz könne heute schon selber entscheiden

Bei Annahme der Selbstbestimmungsinitiative müsste die Schweiz eine nicht abschätzbare Zahl von Verträgen anpassen und neuverhandeln – und dies unter Druck, was die Verhandlungsposition schwächt, warnt Sommaruga.

Sommaruga und Schneider-Ammann halten den Initianten entgegen, dass die Schweiz bereits heute selber entscheidet, welche internationale Verträge sie abschliessen wolle und welche nicht. Denn wenn ein Vertrag nicht dem Referendum untersteht, muss diesen mindestens das Parlament und der Bundesrat absegnen.

«Und wenn ein internationaler Vertrag nicht mehr im Interesse der Schweiz ist, kann sie diesen kündigen.» Sommaruga meint deshalb: «Die Selbstbstimmungs-Initiative ist keine Freundin der direkten Demokratie.»

Schneider-Ammann warnt vor Rechtsunsicherheit

Der starre Mechanismus, den die Initiative in der Verfassung festlegen will, bringe auch grosse Rechts- und Planungsunsicherheit für die Wirtschaft: «Das ist gefährlich für den Wirtschaftsstandort Schweiz und gefährdet seine Arbeitsplätze», befürchtet Schneider-Ammann.

Er erinnert daran, dass die Schweiz als Exportnation jeden zweiten Franken in der Internationalität erwirtschafte. Deshalb sei Rechtsunsicherheit so ein entscheidender Standortfaktor. «Mit der Selbstbestimmungs-Initiative weiss kein Unternehmer mehr, was morgen gilt.» Deshalb gelte es, die SVP-Initiative entschieden abzulehnen.

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