SVP-Magistrat Christoph Blocher über Bettelbriefe und seine Fehler
«Politiker lügen relativ häufig»

In einem Interview mit der «SonntagsZeitung» sprach Christoph Blocher über Lügen, seine grössten Fehler und Bettelbriefe.
Publiziert: 23.09.2018 um 03:59 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2018 um 23:44 Uhr
Christoph Blocher spricht in einem Interview über Lügen und seine grössten Fehler.
Foto: SRF

SVP-Magistrat Christoph Blocher gibt zu, in seinem Leben viel gelogen zu haben. «Eine Hitparade meiner dreistesten Lügen kann ich nicht machen, es waren zu viele», sagt er in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» und führt an, dass «Politiker relativ häufig lügen», teilweise allerdings dazu gezwungen würden: «Als Bundesrat muss man lügen, sonst gilt man als unkollegial.»

Aber der Zweck heilige die Mittel. Es käme darauf an, weshalb man die Unwahrheit sage, sagt der 77-Jährige, bevor er den aktuellen Fall des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet thematisiert (BLICK berichtete), der nach Blochers Meinung «für einen schlechten Zweck gelogen» habe: «Er wollte damit den Verdacht auf Korruption und persönliche Vorteilsnahme aus der Welt schaffen.» Hätte er gelogen, um das Land zu retten, wäre ihm niemand böse, glaubt Blocher, der sich die Bemerkung nicht verkneifen konnte, dass «nur dank der SVP Maudet nicht Bundesrat geworden» sei. «Die SP wählte Maudet. Sie sehen, wie wichtig die SVP ist.»

Nebst Lügen und seinem Lieblingsthema EU («Mit dem Rahmenabkommen wird uns ein Knechtschaftsvertrag aufgedrängt, der die Unabhängigkeit der Schweiz und die direkte Demokratie zerstört») gab Blocher auch Einblick in die Geschichte der SVP («Mein Ziel war nie, die SVP zur grössten Partei zu machen. Sie ist es geworden») und sprach über ein Thema, das er von sich aus eigentlich nie anspricht: Seine Spenden. 

20 bis 30 Bettelbriefe pro Tag

Täglich bekomme er 20 bis 30 Bettelbriefe, sagt Blocher der Zeitung, ohne darauf einzugehen, wie viele davon er beantworte. Er gibt dafür zu, aus Naivität auch schon auf «Chalbereien», wie er es ausdrückt, hereingefallen zu sein. Etwa auf einen Unternehmer, der in seinem Büro stand und ihn weinend um 200'000 Franken angebettelt habe, nur um einige Tage später seinen Lohn von 150'000 auf 200'000 Franken zu erhöhen.

Oder eine Investition in Ghana, die nicht so lief, wie erhofft: Seine Schwester habe dort als Leiterin eines Spitals gearbeitet und ihm «herzabdrückende Geschichten erzählt». Also habe Blocher nicht nur ein neues Spital gebaut, sondern auch fünf Ghanaer einfliegen lassen, denen er ein Medizinstudium in Europa bezahlte. «Sie unterschrieben, dass sie zurückgehen, um dort als Ärzte tätig zu sein. Tatsächlich heirateten sie aber europäische Frauen und hielten in Europa Vorträge über die missliche Lage ihres Heimatlandes. Kein einziger ging zurück.»

Daneben erklärte Blocher, in seinem Politikerleben gewisse Dinge falsch gesehen zu haben. Als Beispiel nannte er jedoch einzig die unspektakuläre Warenumsatzsteuer, von der er wollte, dass sie zur Mehrwertsteuer wird. «Heute muss ich sagen, das war ein Fehler. Mit diesen Mehrwertsteuerabrechnungen ist man mit einem Bein stets «im Chefi»!» Sonst hat sich Blocher offenbar kaum etwas vorzuwerfen, wie der nächsten Antwort zu entnehmen ist: «Aber wenn ich - der immer als Neinsager betitelt wurde - einen Fehler begangen habe, dann diesen: Ich habe viel zu wenig Nein gesagt!» (vof)

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