Die SVP des Kantons Waadt will Eltern wieder das Recht geben, ihre Kinder zu schlagen (BLICK berichtete). Das schreibt die Sünneli-Partei in einem neuen Positionspapier, mit dem die Partei in die kantonalen Wahlen 2017 zieht. «Eltern haben eine Erziehungspflicht gegenüber ihren Kindern» erklärt Generalsekretär Kevin Grangier. «Die können sie nur ausüben, wenn sie dabei auch auf Zwangsmittel zurückgreifen können», ist er überzeugt.
Das sorgt nicht nur in der Romandie für Wirbel. Auch die Parteispitze in Bern ist alles andere als begeistert. Die Berner Nationalrätin Nadja Pieren, Leiterin eines Kindergartens und SVP-Verantwortliche für Familienpolitik, findet die Forderung sogar «verwerflich». «Ein Kind schlägt man nie» sagt sie. Ein Erwachsener habe es nicht nötig, jemanden, der viel schwächer ist, Schmerzen zuzufügen. «Kinder zu schlagen ist ein Zeichen von Schwäche», stellt sie klar.
Die 68er sind schuld
Die SVP Waadt hingegen ortet in der heute liberaleren, ihrer Meinung nach antiautorären Erziehung die Ursache für viele Probleme. Man trete ja nicht für ausufernde Gewalt an Kindern ein, sagt Grangier. «Aber eine erzieherische Ohrfeige sorgt dafür, dass Kinder auch später eher fähig sind, sich in die Gesellschaft einzufügen.»
Pieren widerspricht vehement: «Für eine konsequente Erziehung brauche es keine Gewalt» sagt sie. Und hat dabei Kinderschutz Schweiz auf ihrer Seite. «Man kann auch ohne Schläge seine Autorität durchsetzen», bestätigt Leiterin Catherine Moser-Jenni. Kinder ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen, habe nichts mit antiautoritärer Erziehung zu tun.
Ohrfeigen sind nicht verboten
Die Stiftung fordert daher seit längerem, dass das Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetz verankert wird. Ein Anliegen, das bis anhin wenig Chancen hat. Auch wenn Eltern seit 1978 nicht mehr das Recht haben, ihre Kinder zu schlagen, sind Ohrfeigen und andere Strafmittel nicht verboten. Für Moser-Jenni ist aber klar: «Als Vertrauenspersonen und Vorbilder werden Eltern ihrer Erziehungspflicht nicht gerecht, wenn sie ihre Kinder züchtigen.»
«Traditionelle» Romandie
In der SVP Schweiz ist die Wiedereinführung des elterlichen Züchtigungsrechts laut Familienchefin Pieren keine Thema. «Ich würde mich auch energisch dagegen wehren», sagt sie. Grangier nimmt die Abfuhr gelassen: «In der Romandie sind wir in Familienfragen vielleicht etwas traditioneller als die Deutschschweiz.»