SVP-Chef Albert Rösti über das Energie-Referendum und die Burka-Kampagne
«Dank uns kann das Volk abstimmen»

Am 21. Mai entscheidet das Stimmvolk über die Energiestrategie 2050. Die SVP hat über 60’000 Unterschriften gesammelt, wie Parteichef Albert Rösti im BLICK-Interview bestätigt. Nächste Woche wird das Referendum eingereicht.
Publiziert: 12.01.2017 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:37 Uhr
Voller Einsatz: Jeder SVP-Nationalrat musste 50 Unterschriften beisteuern – so auch Parteichef Albert Rösti.
Foto: Keystone
Interview: Ruedi Studer und Marcel Odermatt

BLICK: Herr Rösti, vor Weihnachten haben Sie Ihre Nationalratskollegen auf die Strasse geschickt, damit jeder noch 50 Unterschriften sammelt. Haben die Kollegen gespurt?
Albert Rösti:
 Sie haben den Ernst der Lage erkannt. Der Rücklauf lag mit über 3000 Unterschriften sogar über meinen Erwartungen. Praktisch alle haben ihre 50 Unterschriften und teils mehr geliefert. Nicht nur die Fraktion, auch die ganze Partei hat in der kurzen zur Verfügung stehenden Frist grossartig gearbeitet.

Dann ist das Referendum geschafft?
Ja, das Referendum steht. Wir haben deutlich über 60’000 Unterschriften gesammelt. Die Beglaubigung bei den Gemeinden läuft aber noch. Wenn die Gemeinden die Unterschriften rechtzeitig zurückschicken, werden wir das Referendum nächsten Donnerstag mit den notwendigen über 50’000 beglaubigten Unterschriften einreichen. Dank uns wird das Volk in dieser wichtigen Frage das letzte Wort haben.

SVP-Chef Albert Rösti: «Dank uns wird das Volk in dieser wichtigen Frage das letzte Wort haben.»
Foto: Karl-Heinz Hug

Dann können Sie aufatmen – Sie haben das Gesellenstück als Parteichef geschafft.
Es geht doch nicht um mich, sondern um die Sache und die Partei. Für mich war immer klar: Scheitern verboten! Angesichts der komplexen Vorlage war das Referendum aber tatsächlich kein Selbstläufer.

War es nicht das falsche Thema für die SVP-Basis? Bei Ausländerthemen haben Sie die Unterschriften jeweils ruckzuck zusammen.Keineswegs! Viele Leute sind sich nicht bewusst, worum es bei der Energiestrategie geht. Nicht um den Atomausstieg, darüber haben wir abgestimmt, sondern um eine Energieeinsparung von 43 Prozent bis 2035. Das wird nur mit massiven Preisaufschlägen auf Strom, Öl und Gas möglich sein. Mit massiven Kosten für Familien und Gewerbe.

Sie sprechen von 3200 Franken pro Jahr und Haushalt. Das ist doch eine Fantasiezahl!
Ganz und gar nicht. Wir stützen uns bei unseren Schätzungen auf wissenschaftliche Studien.

Mit den jetzt geplanten Massnahmen kommt man – mit einer höheren KEV und höheren CO2-Abgabe – doch höchstens auf 100 bis 200 Franken Mehrkosten.
Mit 100 Franken den Energieverbrauch fast halbieren zu wollen, ist doch Mumpitz! Das ist Leute verschaukeln! Sie dürfen nicht nur die ersten Massnahmen berücksichtigen. Die Energiestrategie bedeutet eine langfristige Weichenstellung. Weitere teure Massnahmen werden folgen, wie etwa das Klima- und Energielenkungssystem.

«Mit 100 Franken den Energieverbrauch fast halbieren zu wollen, ist doch Mumpitz!», sagt Rösti.
Foto: Karl-Heinz Hug

Das ist im Nationalrat bereits unter Beschuss.
Das spielt doch keine Rolle. Wenn das Gesetz mit den Zielen bleibt, bleiben auch die Kosten. Insgesamt wird die Umsetzung der Energiestrategie über 200 Milliarden Franken kosten. Das muss, wenn nicht über das Lenkungssystem, sonst irgendwie finanziert werden. Das ist staatlich geplanter Irrsinn.

Was ist die Alternative?
Wir müssen doch nicht jetzt entscheiden, wie unsere Energielandschaft in 35 Jahren aussieht. Das können wir weitgehend dem Markt überlassen, dann werden sich die energieeffizientesten Systeme durchsetzen. Es braucht sicher keine Technologieverbote.

Sie wollen neue AKW?
Nein. Vielleicht werden tatsächlich Solarenergie und andere erneuerbare Energien so effizient, dass sie ohne Subventionen wettbewerbsfähig sind. Vielleicht wird es aber neue Thoriumreaktoren ohne Strahlungsrisiko geben. In unserem Land wird sicher die Wasserkraft weiterhin eine grosse Bedeutung haben. Die Bestimmung der Technologie ist aber nicht Sache der Politik.

Der Markt wird es schon richten? Das ist doch naiv.
Der Markt richtet viel. Der Staat muss notfalls aber dafür sorgen, dass ein gewisser Anteil der Stromproduktion – und zwar technologieneutral – aus dem Inland stammt. Damit wir in der Stromproduktion weitgehend vom Ausland unabhängig bleiben.

Sie haben das erste Referendum geschafft – damit wären doch jetzt die Ressourcen für das nächste Referendum gegen die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative frei!
Wir werden das Thema an unserer Delegiertenversammlung vom Samstag kontradiktorisch behandeln. Für das Referendum wird der Tessiner SP-Mann Nenad Stojanovic auftreten, der das Referendum ergriffen hat. Die SVP-Parteileitung ist weiterhin gegen das Referendum, weil auch bei einem Erfolg die Zuwanderung weiterhin nicht gesteuert werden kann.

Liegt aus der Basis ein Antrag für das Referendum vor?
Nein, bisher nicht. Ein solcher Antrag kann aber noch an der DV gestellt werden. Nach einem Referendum hätten wir aber weiterhin nichts.

Es könnte eine Bestätigung der Masseneinwanderungs-Initiative daraus resultieren.
Da gibt es doch nichts mehr zu bestätigen! Das Volk hat bereits entschieden. Weder das jetzige Gesetz noch das Referendum dagegen bringen eine Steuerung der Zuwanderung. Das ist ein absurdes Theater.

Für Aufruhr sorgt ein Komitee um SVP-Nationalrat Andreas Glarner, welches mit einem umstrittenen Burka-Plakat gegen die Einbürgerungs-Vorlage mobil macht. Hat Sie die Aktion überrascht?
Nein, Glarner hat mich vorher darüber informiert.

Sie können mit dem Burka-Plakat leben?
Sehr gut sogar. Es ist ein gutes Symbolbild dafür, dass nicht zu einfach eingebürgert werden darf. Ich stehe voll hinter dieser Aktion.

Die SVP zahlt mit?
Nein, die Partei hat nichts daran bezahlt.

Wer dann?
Das müssen Sie Glarner fragen.

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