Thomas Aeschi (40) ist in Angriffslaune. In einem Beitrag auf Twitter kritisierte der SVP-Fraktionschef, dass er über die Ostertage im Skigebiet Engelberg-Titlis anstehen musste – und verärgerte damit Touristiker.
«Der Tweet von Herrn Nationalrat Aeschi zeigt mir sehr deutlich auf, dass er nichts vom Tourismus versteht und Ausländer – wie von einigen SVP-Exponenten immer wieder gemacht – mit den Hauptthemen der SVP in Verbindung bringt», sagt Verwaltungsratspräsident der Titlis-Bahnen und Nidwaldner Ständerat Hans Wicki (FDP,55) zu «CH Media».
«Ich bin befremdet»
«Ich bin befremdet, dass ein bürgerlicher Politiker so etwas schreibt und seine persönliche politische Gesinnung über das Wohl des Schweizer Tourismus stellt», sagt auch Titlis-Marketingleiter Peter Reinle. «Es stimmt, dass es vereinzelt Tage gibt, an denen es auf der obersten Sektion zu Wartezeiten kommt. Darum wollen wir die oberste Sektion ja ausbauen», so Reinle. «Herr Aeschi würde uns als Politiker bei diesen Plänen gescheiter unterstützen, als solche Tweets abzusetzen.»
Gegenüber BLICK verteidigt der Zuger seinen Beitrag: «Overtourism ist sehr wohl ein Problem. Das haben viele Wintersportgebiete erkannt und Massnahmen dagegen ergriffen.» Auf dem Titlis müsse man zeitweise mehrere Stunden anstehen, was nicht zu verantworten sei.
Stimmung gegen das Waffenrecht
Der Fraktionschef der Volkspartei machte mit seinem Tweet gleichzeitig Stimmung gegen das neue Waffenrecht, über das wir in drei Wochen abstimmen. Und für die SVP-Begrenzungsinitiative. Denn in seinem Tweet schrieb er weiter, der Schengen/Dublin-Verbund koste die Schweiz viel mehr, als er ihr nutze. «Die massiven Touristenströme haben tatsächlich auch mit Schengen zu tun», sagt Aeschi.
Auf mächtig Kritik stiess einer seiner weiteren Tweets bei seinem Zuger Nationalratskollegen, CVP-Präsident Gerhard Pfister (56):
Damit nimmt der CVP-Chef ein Staubild Aeschis auf einer Strecke zwischen Baar und Zug auf die Schippe. Dieser stänkerte:
Aeschi erntete mächtig Häme. So kommentierte eine Frau, dass Strassenmarkierungsarbeiten der Grund für den Stau waren. Ein anderer fügte sinngemäss an, dass ja kaum über Nacht eine Million neue Bürger in die Schweiz gezogen sind, was den urplötzlichen Verkehrskollaps erklären würde.
Aeschi verteidigt sich: «In der Rush-Hour steht man auf dieser Strecke fast immer im Stau. Anders zu Randzeiten. Da braucht man für die Strecke nur zehn Minuten.» Und ja, der Stau habe sehr wohl mit der Zuwanderung zu tun. «Mehr Bewohner bedeuten mehr Autos – und mehr Autos auch mehr Stau.»
«Kampf heisst angreifen!»
Aeschi will im Wahljahr vermehrt auf Twitter Gas geben und verlangt dies auch von seinen SVP-Kollegen: «Wir waren in den letzten Monaten zu ruhig und müssen wieder konkrete Alltagsprobleme der Schweizerinnen und Schweizer thematisieren.» Er habe sich einen Meinungsbeitrag von Hans-Rudolf Abächerli, dem ehemaligen Werbeverantwortlichen der Zürcher SVP, zu Herzen genommen.
Dieser schrieb kürzlich in der «Weltwoche»: «Kampf heisst angreifen, heisst mit harter Kritik provozieren, heisst aber auch einstecken. Nur das befeuert die Journalisten und führt zur Dominanz in der Medienwelt. Verletzte Seelen, rote Köpfe, geballte Fäuste, laute Proteste und Schreckensgeschrei – nur das reisst die lethargischen Stimmbürger von den Stühlen, lässt sie Partei ergreifen und handeln.»
Laute Proteste und Schreckensgeschrei – damit versucht der Fraktionschef die Negativ-Spirale der SVP im Wahljahr zu stoppen. Aber eben: Das heisst auch einstecken. (nmz)