Steuerverwaltung hat sich verrechnet
Heiratsstrafe trifft sechsmal mehr Ehepaare

Ein neuer Rechenfehler beim Bund: Diesmal hat nicht das Bundesamt für Statistik versagt, sondern die Steuerverwaltung.
Publiziert: 15.06.2018 um 19:47 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:15 Uhr
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Dicke Post für Finanzminister Ueli Maurer: Seine Steuerbeamten haben sich verrechnet.
Foto: Reuters
Sermîn Faki

Man öffnet das Couvert von der Steuerverwaltung und denkt geschockt: Unmöglich, die müssen sich verrechnet haben!

Jetzt gibt es den Beweis, dass auch Steuerbeamte Fehler machen: Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat sich verrechnet. Und zwar gründlich. Wie der Bundesrat heute mitteilt, hat man herausgefunden, dass von der Heiratsstrafe erheblich mehr Zweiverdiener-Ehepaare betroffen sind, als die Steuerverwaltung bisher angegeben hat.

Das ist die Heiratsstrafe

Die Heiratsstrafe betrifft die direkte Bundessteuer. Heute müssen Ehepaare, bei denen beide Partner berufstätig sind und das Haushaltseinkommen höher ist, mehr direkte Bundessteuer zahlen als gleich gut verdienende Konkubinatspaare. Wenn diese Benachteiligung mehr als zehn Prozent beträgt, spricht man von der Heiratsstrafe. Der maximale Grad der Diskriminierung beträgt 84 Prozent. Er betrifft jene Ehen, bei denen jeder Ehepartner 75'000 bis 125'000 Franken Jahreseinkommen erzielt.

Auch wenn die CVP-Initiative abgelehnt wurde – und das Bundesgericht die Abstimmung für ungültig erklärt hat: Der Bundesrat will diese steuerliche Diskriminierung abschaffen. Er schlägt vor, dass er künftig zwei Steuerrechnungen erstellt: zuerst die gemeinsame Veranlagung als Verheiratete und dann die alternative Steuerbelastung als Konkubinatspaar. Bezahlen müssten die Ehepaare dann den tieferen Beitrag. Der Bundesrat schätzt, dass ihn das jährlich rund 1,15 Milliarden Franken kosten wird. Die Vorlage kommt in der Herbstsession 2019 in den Ständerat. (sf)

Die Heiratsstrafe betrifft die direkte Bundessteuer. Heute müssen Ehepaare, bei denen beide Partner berufstätig sind und das Haushaltseinkommen höher ist, mehr direkte Bundessteuer zahlen als gleich gut verdienende Konkubinatspaare. Wenn diese Benachteiligung mehr als zehn Prozent beträgt, spricht man von der Heiratsstrafe. Der maximale Grad der Diskriminierung beträgt 84 Prozent. Er betrifft jene Ehen, bei denen jeder Ehepartner 75'000 bis 125'000 Franken Jahreseinkommen erzielt.

Auch wenn die CVP-Initiative abgelehnt wurde – und das Bundesgericht die Abstimmung für ungültig erklärt hat: Der Bundesrat will diese steuerliche Diskriminierung abschaffen. Er schlägt vor, dass er künftig zwei Steuerrechnungen erstellt: zuerst die gemeinsame Veranlagung als Verheiratete und dann die alternative Steuerbelastung als Konkubinatspaar. Bezahlen müssten die Ehepaare dann den tieferen Beitrag. Der Bundesrat schätzt, dass ihn das jährlich rund 1,15 Milliarden Franken kosten wird. Die Vorlage kommt in der Herbstsession 2019 in den Ständerat. (sf)

Seit Jahren nämlich heisst es, von der Heiratsstrafe seien 80'000 Ehepaare betroffen. Wie sich nun zeigt, sind es aber 545'000 Paare – fast sechsmal so viele!

Die Kinder gingen vergessen

Wie konnte das passieren? Ganz sicher sind sich die Steuerbeamten von Finanzminister Ueli Maurer (67) noch nicht. Klar ist nur: Als sie 2006 die Zahlen erhoben haben, liess man – warum auch immer – all jene Doppelverdiener-Ehepaare weg, die Kinder haben.

Das Ganze flog auf, als die Verwaltung die Zahlen Anfang Juni nochmals überprüfte, um die parlamentarische Debatte zur Abschaffung der Heiratsstrafe vorzubereiten.

Es sind komplizierte Schätzungen

Zur Ehrenrettung der Beamten muss man sagen, dass es sich bei der Heiratsstrafe ohnehin nur um Schätzungen handelt, weil man nicht genau errechnen kann, wie viele Paare gestraft sind. Denn es kommt nicht nur auf den Zivilstand und das Einkommen an, sondern auch darauf, wie viel Prozent des gemeinsamen Einkommens die Ehepartner jeweils beitragen.

Und da lässt sich nichts verallgemeinern. Denn es kann sein, dass der Mann als Buchhändler 100 Prozent arbeitet, seine Frau als selbständige Psychotherapeutin mit 40 Prozent aber mehr als die Hälfte zum gemeinsamen Einkommen beiträgt.

Der Fehler ist für die Steuerverwaltung peinlich. Zum Glück für Bundesrat Maurer stimmt aber die wirklich wichtige Rechnung: jene, was die Abschaffung der Heiratsstrafe kosten wird. Die wurde nämlich unabhängig gemacht. Es bleibt bei 1,15 Milliarden Franken.

Insgesamt 700'000 Gestrafte

Da die Steuerverwaltung schon mal neu am Rechnen war, hat sie gleich auch noch die Zahl der kinderlosen verheirateten Doppelverdiener angeschaut. Und herausgefunden, dass es jetzt auch mehr als 80'000 sind – nämlich 148'000. Weiterhin gültig bleibt die Schätzung zur Anzahl der betroffenen 250'000 Rentnerehepaare. Somit sind rund 704'000 Ehepaare «heiratsgestraft».

Zum Trost für die Beamten: Sie sind nicht die einzigen, die ein paar Rechenprobleme haben. Erst letzte Woche war herausgekommen, dass die Ausschaffungszahlen des Bundesamtes für Statistik nicht stimmen (BLICK berichtete).

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