Ostern steht vor der Tür. Doch während sich die Kleinen bereits auf den Osterhasen freuen, ist der christliche Feiertag den Zürcher Jungsozialisten ein Dorn im Auge. Und nicht nur Ostern, auch Karfreitag, Weihnachten oder der Stephanstag – schlichtweg sämtliche christliche Feiertage – möchte die Juso durch nicht-religiöse Feiertage ersetzen.
Der Juso-Vorschlag stösst in Bundesbern auf Opposition. «Von dieser Idee halte ich gar nichts», sagt CVP-Chef Gerhard Pfister (55, ZG). «Sie ist respektlos gegenüber den Traditionen und der Kultur der Schweiz.» Er sei aber überzeugt davon, dass die Jungpartei diese Provokation nicht ernst meine, sondern dass es ihr «um die Aufmerksamkeit durch Provokation» gehe.
Doch nicht nur im bürgerlichen Lager stösst die Juso-Forderung auf Kritik. Der Solothurner SP-Nationalrat Philipp Hadorn (51) ist seit vergangener Woche Präsident der parlamentarischen Gruppe Christ+Politik. Er ist in der evangelisch-methodistischen Kirche aktiv und redet nun im BLICK-Interview den jungen Genossen ins Gewissen.
BLICK: Herr Hadorn, feiern Sie Ostern und Weihnachten?
Philipp Hadorn: Natürlich. Es ist für mich immer eine Zeit der Besinnung.
Die Zürcher Juso möchte Karfreitag oder Weihnachten als gesetzliche Feiertage streichen. Was sagen Sie Ihren Genossen?
Es gehört zur Jugend, dass sie etwas heisssporniger auftritt. Dass die Juso ihren Blickwinkel aber derart verengt und sich auf christliche Feiertage einschiesst, finde ich falsch. Sie verletzt damit den Respekt vor Andersdenkenden. Die Juso sollte sich besser überlegen, wie sie diese Tage mit Inhalt füllen kann und welche Werte hinter diesen Feiertagen stecken.
Die Juso soll sich auf christliche Werte besinnen?
Auf jeden Fall! Und das ist auch nicht besonders. Denn viele universelle Werte sind aus dem Christentum heraus entstanden. Zwischen christlichen und sozialdemokratischen Werten gibt es grosse Überschneidungsflächen!
Welche denn?
«Für alle statt für wenige», lautet das Motto der SP. Sie fordert Rücksichtnahme gegenüber Minderheiten und Schwächeren, Chancengleichheit und Steuergerechtigkeit. Oder sie stellt sich gegen Waffengewalt. Das alles findet sich auch im Christentum – etwa unter dem Motto Nächstenliebe, Gemeinschaft, Vergebung. Das Vokabular unterscheidet sich, aber der Inhalt ist oft sehr nahe.
Trotzdem ist der Juso die christliche Leitkultur ein Dorn im Auge.
Das finde ich schade. Es ist wichtig und richtig, dass wir zu unserem christlichen Hintergrund und christlichen Werten stehen.
Damit sind Sie in der SP ein Exot.
Das empfinde ich überhaupt nicht so. Kommen Sie mal während der Session am Mittwochmorgen in die Besinnungsstunde, da sind viele SPler dabei. Zumindest während der letzten Legislatur stellte die SP sogar die meisten Teilnehmenden. Klar gibt es in unserer Partei einen antiklerikalen Flügel. Aber ebenso einen traditionsreichen sozialchristlichen Flügel, der auf der Umsetzung des Evangeliums basiert, weil dies die Gesellschaft weiterbringt.
Die Juso möchte christliche Feiertage durch nicht-religiöse ersetzen. Haben Sie etwas gegen einen Frauentag als Feiertag?
Nein, überhaupt nichts. Ich finde es sogar eine gute Idee, dass man sich überlegt, ob es neue, zusätzliche säkulare Feiertage braucht. Etwa zum Tag der Frau oder zum Tag der Menschenrechte. Wichtig ist, dass man solche Feiertage mit Werten füllt, mit denen man sich auch auseinandersetzt. Wir dürfen aber nicht die christlichen gegen die nicht-religiösen Feiertage ausspielen. Beide haben ihre Berechtigung.