Zwei Jahre lang hat sich der Walliser Nationalrat Mathias Reynard (31) mit dem traurigen Thema Menschenhandel beschäftigt. In der Herbstsession will der Sozialdemokrat aus Savièse nun eine Reihe von Vorstössen einreichen, um die Bevölkerung, aber auch Polizei und Justiz dafür zu sensibilisieren.
Reynard tauschte sich im Rahmen der Versammlung der frankofonen Länder mit Parlamentariern anderer Staaten über die moderne Form der Sklaverei aus. Er war Berichterstatter eines Gremiums, das unterdessen einen schonungslosen Bericht zur Lage in der französischsprachigen Welt fertiggestellt hat.
Vergangene Woche präsentierte die Gruppe ihre Befunde in der Elfenbeinküste.
Auf über 60 Seiten gehen die Autoren dem Milliarden-Business auf den Grund – dem nach Auffassung von Experten 40 Millionen Betroffene pro Jahr zum Opfer fallen. Die Schätzung ist allerdings umstritten. Reynard: «Man muss wissen: Viele der Opfer sprechen nicht mit den Behörden. Wir kennen lediglich die Spitze des Eisbergs.»
Täter operieren über die Grenzen hinaus
Auch in der Schweiz ist das nicht anders, wie der Bericht darlegt. Reynard hat selbst mit mehreren der Opfer gesprochen. «Diese Schicksale sind einfach nur schrecklich», sagt er. «Zwangsprostitution ist hierzulande eine Realität. Wir verzeichnen aber auch Fälle von Zwangsarbeit, etwa im Falle von Haushaltsangestellten oder in der Hotellerie.» Dass es diese Formen von Menschenhandel sogar in der eigenen Heimat gebe, sei ihm schlicht nicht bewusst gewesen.
Die Bekämpfung dieses Verbrechens sei so schwierig, weil die Täter grenzüberschreitend operierten. Auch dass sich die rechtlichen Grundlagen von Land zu Land gewaltig unterscheiden, macht diese Aufgabe nicht leichter: Entsprechend unterschiedlich agiert die jeweilige Justiz.
Selbst unter den Kantonen, so der Bericht von Reynard und seinen Kollegen, sind die Unterschiede markant. «Die Behörden in städtischen Regionen sind sensibler», so der SP-Nationalrat. «Sie kennen namentlich die Situation der Prostituierten besser. Aber es ist eine Illusion, zu glauben, dass ländliche Gegenden nicht davon betroffen sind.»