Im Mittelmeer starben letztes Jahr über 2200 Flüchtlinge. Mit den kriegerischen Auseinandersetzungen in Libyen könnte sich die Situation nochmals verschärfen. Denn dort warten bis zu einer Million Flüchtlinge auf die Überfahrt nach Europa.
Eine staatliche Seerettung ist praktisch inexistent – und private Seeretter werden besonders von Italien behindert. «Es ist zu befürchten, dass in den kommenden Monaten Tausende sterben», warnt deshalb Gorden Isler (36) von der Seenotrettung-OrganisationItalien Sea Eye im SonntagsBlick.
Gemeinden sollen Bootsflüchtlinge aufnehmen
Die dramatische Lage ruft nun SP-Nationalrätin Mattea Meyer (31, ZH) auf den Plan. «Wir müssen das Sterben auf dem Mittelmeer endlich stoppen», sagt sie zu BLICK. In der kommenden Sondersession im Mai reicht sie einen Vorstoss ein, mit welchem sie den Bundesrat zum Handeln auffordert.
«Die Schweiz soll sich am Aufbau eines europäisch organisierten und finanzierten zivilen Seenotrettungssystems beteiligen», so Meyer. Und die Geretteten müssten nach einem fairen Verteilschlüssel auf die europäischen Staaten verteilt werden.
Für die Gemeinden möchte sie zudem einen Anreiz schaffen, solche Bootsflüchtlinge aufzunehmen. «Viele Gemeinden und Städte sind bereit, über das ihnen heute zugeteilte Kontingent hinaus mehr Schutzsuchende aufzunehmen», so Meyer. «Das müsste administrativ erleichtert und finanziell belohnt werden.»
Doch wird mit einem solchen System für Flüchtlinge nicht gerade der Anreiz geschaffen, den gefährlichen Weg über das Meer zu wagen? «Nein, ihr Elend ist so gross, dass sie sich ja heute schon nicht davon abhalten lassen», so Meyer. «Ohne Rettungssystem sterben aber Monat für Monat mehr Menschen – und das Mittelmeer wird immer mehr zum Friedhof vor den Toren Europas.»
Stärker an UNO-Resettlement beteiligen
Die SP-Nationalrätin möchte aber auch anderweitig ansetzen: Die in Libyen internierten Flüchtlinge sollen sofort freigelassen und in Uno-Resettlementprogramme aufgenommen werden. Über diese werden besonders gefährdete Menschen – etwa traumatisierte Frauen oder Familien – in Europa aufgenommen.
Angesichts der aktuell tiefen Asylgesuchszahlen könne die Schweiz einige Tausend Menschen zusätzlich aufnehmen, findet Meyer. «Die Lage für Schutzsuchende in Libyen ist katastrophal. Menschen, die dorthin zurückgeschafft werden, sind schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.»
Deutscher Oster-Appell als Vorbild
Meyer orientiert sich mit ihrem Vorstoss an einen Oster-Appell von über 200 linken und bürgerlichen Bundestagsabgeordneten in Deutschland, welche die Bundesregierung ebenfalls zum Handeln auffordern.
Mittlerweile haben ihr mit CVP-Nationalrat Karl Vogler (63, OW), GLP-Nationalrat Beat Flach (54, AG), Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (38, BS) und BDP-Fraktionschefin Rosmarie Quadranti (61, ZH) auch hierzulande Politiker aus verschiedenen Parteien Unterstützung zugesagt.
«Die Menschenwürde muss auch im Mittelmeer verteidigt werden», sagt die SP-Frau Meyer. «Das Sterben an den Grenzen zu Europa muss ein Ende haben.»