«Im Schnitt bleibt einer Familie noch 5 Franken pro Tag»
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Skos schlägt Alarm:«Im Schnitt bleibt einer Familie noch 5 Franken pro Tag»

Sozialhilfe-Kürzungen machen Kinder krank
Weniger Sozialhilfe macht Kinder krank

Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) warnt vor einem Abbau beim Sozialhilfe Grundbedarf. Dieser könne bei den Betroffenen zu gesundheitlichen Problemen führen – gerade bei Kindern.
Publiziert: 08.01.2019 um 11:27 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2019 um 15:58 Uhr
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Foto: So berechnet sich der Grundbedarf bei der Sozialhilfe.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Die Sozialhilfe ist politisch unter Druck. Gleich in mehreren Kantonen sind Bestrebungen im Gang, die Sozialhilfe grundsätzlich oder zumindest für gewisse Bevölkerungsgruppen zu kürzen – zum Beispiel:

  • Bern: Das Parlament hat beschlossen, den sogenannten Grundbeitrag für Lebensmittel, Kleider usw. (siehe Box) pauschal um 8 bis 30 Prozent zu kürzen. Dagegen wurde ein Volksvorschlag eingereicht, der wohl im Mai zur Abstimmung kommt.
  • Aargau: Die Regierung muss prüfen, ob der Grundbedarf auf 70 Prozent reduziert werden soll. Nur bei kooperativem Verhalten würde er auf 100 Prozent angepasst. Einen entsprechenden Vorstoss hat das Parlament überwiesen.
  • Baselland: Das Parlament hat einen Vorstoss angenommen, der eine pauschale Kürzung des Grundbedarfs um 30 Prozent verlangt. Auch hier soll den vollen Beitrag nur erhalten, wer integrationswillig ist.
  • Zürich: Die SVP hat im Kantonsrat mehrere Vorstösse eingereicht. Unter anderen soll die Höhe der Sozialhilfe von der Anzahl Jahre, die jemand Steuern gezahlt hat, abhängig gemacht werden. Die Vorschläge kommen, während ein neues Sozialhilfegesetz gerade in Arbeit ist.

Sozialhilfe-Grundbeitrag bereits sehr tief

Der zunehmende Druck auf die Sozialhilfe ruft nun die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) auf den Plan. Sie führt eine neue Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien (Bass) ins Feld, welche den Grundbedarf genau unter die Lupe genommen hat. 986 Franken beträgt dieser aktuell für eine Einzelperson pro Monat, 2110 Franken für eine vierköpfige Familie.

Die Studie kommt zum Schluss: Der Grundbedarf ist heute schon sehr tief – ja eigentlich zu tief – angesetzt. So braucht eine Person mit sehr wenig Einkommen laut Berechnungen 1082 Franken pro Monat zum Leben – also fast 100 Franken mehr als der Grundbedarf der Sozialhilfe.

Auch das betreibungsrechtliche Existenzminimum liegt mit 1200 Franken deutlich höher. Und bei den AHV/IV-Ergänzungsleistungen wird für den allgemeinen Lebensbedarf mit 1621 Franken gerechnet. Das sind 60 Prozent mehr als bei de Sozialhilfe.

Skos wehrt sich gegen Kürzungen

Die Skos wehrt sich denn auch vehement gegen weitere Kürzungen in der Sozialhilfe. «Bei einer Kürzung des heutigen Grundbedarfs um 8 Prozent stehen einer vierköpfigen Familie pro Tag und Person noch 7 Franken für Lebensmittel und Genussmittel zur Verfügung, bei einer Kürzung um 30 Prozent sogar nur noch 5 Franken», sagt Skos-Co-Präsident Felix Wolffers.

Gespart werden müsste nämlich vor allem bei den variablen Kosten wie Nahrungsmitteln. Wolffers warnt deshalb: «Davon kann man sich nicht mehr ausreichend und gesund ernähren.» Weitere Kürzungen seien deshalb nicht vertretbar und «der Schweiz unwürdig».

Heute liegt der Grundbedarf für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren bei 355 Franken pro Monat oder knapp 12 Franken pro Tag. Für Kleider sind 85 Franken monatlich vorgesehen. Bei einer Kürzung von 30 Prozent, wie dies teilweise zur Diskussion steht, stünden dafür – unter Berücksichtigung der Fixkosten – nur noch 54 Franken pro Monat zur Verfügung.

Kinder besonders betroffen

Auch die Studie warnt vor negativen Folgen für die Betroffenen – insbesondere auch für Kinder, die gut ein Drittel der Sozialhilfeempfänger ausmachen.

Werde mit dem Budget nicht einmal mehr das Minimum gedeckt, «leidet die Gesundheit durch schlechte Ernährung und fehlende Sportmöglichkeiten». Zudem sei es für die Entwicklung von Kindern ein Handicap, wenn sie keine Möglichkeiten hätten, Hobbys nachzugehen oder sich an Freizeitangeboten zu beteiligen.

Auch die Skos kommt daher zum Schluss: «Insbesondere bei Kindern besteht die Gefahr von gesundheitlichen Beeinträchtigungen und sozialer Ausgrenzung.» Oder anders ausgedrückt: Sozialhilfe-Kürzungen machen Kinder krank!

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