SonntagsBlick-Umfrage fördert grosse Besorgnis zutage
Schweizer fühlen sich vom Islam bedroht

Was in den hiesigen Moscheen passiert, macht den Schweizern Angst. Sie wollen, dass der Staat härter durchgreift – und Imame ausbildet.
Publiziert: 27.08.2017 um 00:25 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:50 Uhr
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Die Befragten verlangen ein stärkeres Durchgreifen – aber auch staatliche Ausbildung für Imame.
Foto: Keystone
Sermîn Faki

Winterthur ZH, Liestal, jetzt Biel BE: Alle paar Monate ist es eine andere Moschee, in der zum Dschihad aufgerufen wird, in der Hetzreden gehalten und junge Muslime radikalisiert werden. Und: Die Attentäter in Barcelona (E) waren junge Muslime, die ein Imam zum Terror angestiftet hatte.

Diese Kombination macht Angst, wie eine Exklusivumfrage mit 1003 Teilnehmern für SonntagsBlick zeigt: 38 Prozent der Schweizer fühlen sich von den Muslimen im Land bedroht. Ein erschütterndes Ergebnis – umso mehr, als SonntagsBlick 2004 genau die gleiche Frage stellte und nur 16 Prozent der Befragten ­angaben, Angst vor Muslimen zu haben.

Die Verunsicherung ist gross

In nur 13 Jahren hat sich diese Quote also mehr als verdoppelt. In Zeiten, zu denen es fast im Wochentakt irgendwo in Europa zu Anschlägen kommt, die im ­Namen Allahs begangen werden, ist die Verunsicherung nachvollziehbar – umso mehr, wenn in der Schweiz immer wieder radikale Salafisten mit Brandreden für Schlagzeilen sorgen.

Mit Bestürzung nimmt man das Ergebnis auch bei der Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz (FIDS) zur Kenntnis. «Dieses Ergebnis macht uns Schweizer Muslime sehr betroffen, zumal wir laut anderen Studien sehr gut integriert sind», sagt Sprecher Önder Günes (42). «Unsere Türen stehen jederzeit offen, um diese Ängste abzubauen!»

Den Schweizern reicht das nicht: 81 Prozent der vom Institut Opinionplus Befragten finden, die Behörden gingen zu lasch mit muslimischen Hasspredigern um. Fast ebenso viele fordern, dass sogenannte Gefährder, gewaltbereite radikale Muslime, präventiv und auf unbestimmte Zeit inhaftiert werden.

80 Prozent wollen den Salafismus ganz verbieten

Mehr als 80 Prozent gehen sogar noch weiter und wollen den Salafismus – eine ultrakonservative Strömung des Islams die insbesondere von Saudi-Arabien gefördert wird – ganz und gar verbieten. Und das, obwohl es nicht der Tradition der liberalen Schweiz entspricht, Gesinnungen zu sanktionieren.

Hier zeigt sich eine Kluft, die den sozialen Frieden gefährdet, der die Schweizer aber begegnen wollen. Nicht nur mit Repression gegen Radikale, sondern auch mit mehr Kontrolle über Moscheen, Imame und islamische Vereine.

61 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass Moscheen nicht länger durch fremde Staaten oder Personen im Ausland finanziert werden dürfen. Der türkischen Regierung, die hier eine Vielzahl von muslimischen Aktivitäten finanziert, soll das ebenso verboten werden wie dem saudischen Regime, das beispielsweise den Islamischen Zentralrat Schweiz (IZRS) um Nicolas Blancho (34) unterstützt.

Als Hassprediger darf praktisch jeder auftreten

Der Freiburger Theologe Hansjörg Schmid (45) sieht intensivere Kontrollen nicht nur negativ. «Wenn die Muslime merken, dass sie als Akteure in der Gesellschaft ernst genommen werden und dass die Öffentlichkeit hinschaut, stärkt das Kräfte, die Fälle wie den von Abu Ramadan in Biel verhindern wollen», sagt der Co-Leiter des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft. Der Staat sollte aber auch die Kooperation mit den Muslimen suchen.

Besonders besorgt sind Schweizerinnen und Schweizer über die Imame, auch wenn Hassprediger wie Abu Ramadan Einzelfälle sind: Der Beruf ist nicht geschützt – und wer in einer Moschee predigen darf, weitgehend unreguliert. In den Augen der Befragten ist das ein Problem. 65 Prozent fordern, dass Freitagspredigten in einer Landessprache gehalten werden müssen, und 83 Prozent wollen, dass Imame eine Bewilligung der Behörden brauchen.

Sie sollen sich zudem zum Rechtsstaat bekennen, zur Gleichberechtigung von Frau und Mann und zur Trennung von Kirche und Staat.

Ruf nach Ausbildung an Schweizer Unis

Im Hinblick auf Imame hält die Umfrage eine waschechte Überraschung bereit: Die Mehrheit der Befragten verlangt, dass im Lande tätige Prediger an einer Schweizer Universität ausgebildet werden müssen. Die Bevölkerung ist in diesem Punkt fortschrittlicher als die Politik. In den Parlamenten hatte eine staatliche Imam-Ausbildung bisher nie den Hauch einer Chance.

Die FIDS hingegen zeigt sich offen. «Heute können Imame an der Universität Freiburg, im Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft bereits weitergebildet werden», so Sprecher Günes. Eine Verstärkung der Ausbildung könne weiterentwickelt werden. Günes: «Wir befürworten entsprechende Studiengänge ganz klar.»

Solche Ausbildungsangebote wären ein grosser Schritt in Richtung von Integration und Anerkennung des Islam als Teil der Schweiz. So weit aber wollen die Schweizer nicht gehen: 60 Prozent sind dagegen, dass der Islam auf die gleiche Stufe gestellt wird wie die Landeskirchen. Der Theologe Schmid hält dies dennoch für ein sinvolles Ziel, «das der Sicherheit dient».

Österreich verschärft sein Islam-Gesetz

Es ist ein Erbe aus den Zeiten des kaiserlichen Vielvölkerstaats: In Österreich ist der Islam seit über hundert Jahren offiziell als Religion anerkannt.

Doch seit 2015 gilt ein neues ­Islamgesetz. Darin wird der Vorrang des Rechts vor muslimischen Glaubensvorschriften ausdrücklich festgehalten. Zudem heisst es: «Die Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder muss im Inland erfolgen.»

Konkret bedeutet das: Weder dürfen Moscheen aus dem Ausland finanziert, noch ­dürfen die Imame von anderen Nationen entsandt werden. Imame müssen Deutsch auf Maturaniveau beherrschen.

Das Gesetz bestimmt aber auch: «Islamische Religionsgesellschaften und ihre Mitglieder sind berechtigt, Kinder und Jugendliche durch alle traditionellen Bräuche zu führen und entsprechend den religiösen Geboten zu erziehen.»

Mangel an Kooperationsbereitschaft

Wirklich glücklich war Österreich mit diesen Regeln nie. Diese Woche kündigte die Regierung in Wien Verschärfungen an. In vielen Fällen bestand der Verdacht, dass sich Moscheen, Vereine und Schulen nicht an das Verbot der Finanzierung durch andere Länder gehalten haben. Vor allem aus der Türkei sollen viele islamische Organisationen Geld erhalten haben.

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) beklagte ­einen «unglaublichen Mangel an Kooperationsbereitschaft» seitens islamischer Vereine: «Da ist was schiefgegangen!»

Die Behörden sollen nun mehr Befugnisse erhalten, die Finanzierung islamischer Einrichtungen zu prüfen. Und das für Religionsgesellschaften und Kultusgemeinden zuständige Kultus­amt soll in ein Bundesamt für Religionsangelegenheiten umgewandelt werden.

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP)
Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP)
imago

Es ist ein Erbe aus den Zeiten des kaiserlichen Vielvölkerstaats: In Österreich ist der Islam seit über hundert Jahren offiziell als Religion anerkannt.

Doch seit 2015 gilt ein neues ­Islamgesetz. Darin wird der Vorrang des Rechts vor muslimischen Glaubensvorschriften ausdrücklich festgehalten. Zudem heisst es: «Die Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder muss im Inland erfolgen.»

Konkret bedeutet das: Weder dürfen Moscheen aus dem Ausland finanziert, noch ­dürfen die Imame von anderen Nationen entsandt werden. Imame müssen Deutsch auf Maturaniveau beherrschen.

Das Gesetz bestimmt aber auch: «Islamische Religionsgesellschaften und ihre Mitglieder sind berechtigt, Kinder und Jugendliche durch alle traditionellen Bräuche zu führen und entsprechend den religiösen Geboten zu erziehen.»

Mangel an Kooperationsbereitschaft

Wirklich glücklich war Österreich mit diesen Regeln nie. Diese Woche kündigte die Regierung in Wien Verschärfungen an. In vielen Fällen bestand der Verdacht, dass sich Moscheen, Vereine und Schulen nicht an das Verbot der Finanzierung durch andere Länder gehalten haben. Vor allem aus der Türkei sollen viele islamische Organisationen Geld erhalten haben.

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) beklagte ­einen «unglaublichen Mangel an Kooperationsbereitschaft» seitens islamischer Vereine: «Da ist was schiefgegangen!»

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