Sogar die Uno kritisiert Sponsoring durch Tabak-Multi Philip Morris
Dr. med. «Marlboro» Ignazio Cassis?

Während die Schweiz Millionen Franken in den Kampf gegen Rauchen steckt, sponsert Philipp Morris das EDA. Gesundheitspolitiker und die internationale Gesundheitsorganisation laufen Sturm gegen das umstrittene Tabaksponsoring.
Publiziert: 22.07.2019 um 09:10 Uhr
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Aktualisiert: 22.07.2019 um 16:41 Uhr
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Wer kennt ihn nicht, den «Marlboro Man»? Marlboro ist die am meisten verkaufte Zigarettenmarke der Welt, die dem grössten Tabakkonzern der Welt gehört: Philip Morris.
Foto: Keystone

Philip Morris ist der weltweit grösste Zigarettenhersteller. Und ein Hauptsponsor des Departements für Auswärtige Angelegenheiten (EDA). Dessen Vorsteher, Bundesrat Ignazio Cassis (58, FDP) stösst damit nicht nur Gesundheitspolitiker, sondern auch die eigene Partei vor den Kopf, und könnte den Ruf der Schweiz lädieren. Der Schweizer Aussenminister, ein «Marlboro Man»?

Ignazio Cassis ist seit mehr als hundert Jahren der erste Arzt im Bundesrat. Unter ihm hat der US-Tabakkonzern Philip Morris, dem auch die weltweit meisterverkaufte Zigarettenmarke Marlboro gehört, die Eröffnung der neuen Schweizer Botschaft in Moskau gesponsert. Und geht es nach dem EDA, ist der Tabakmulti nächstes Jahr einer von zwei «Hauptsponsoren» des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung in Dubai.

Laut einem Bericht des «Tages-Anzeigers» reagiert jetzt auch die zur Uno gehörende Weltgesundheitsorganisation WHO auf diese seltsame Partnerschaft. Die WHO mit Sitz in Genf kämpft seit Jahren gegen Tabakkonzernen. Auch die Schweiz steckt Abermillionen in Prävention, jedes Jahr sterben hierzulande 9500 Menschen an den Folgen von Tabakkonsum.

Tabakkonzern blamiere offizielle Schweiz

«Dass nun ausgerechnet die Schweiz als Sitzstaat der WHO eine Sponsoring-Partnerschaft mit einem Tabakkonzern eingeht, ist sehr bedenklich», zitiert der «Tages-Anzeiger» die WHO, die in Bern «bei hohen Stellen inter­veniert» habe.

Nicht nur sei der EDA-Deal mit Philip Morris unzulässig. Tabaksponsoring an Weltausstellungen sei verboten. Auch die Lungenliga und andere Schweizer Präventionsverbände gegen Tabak haben Cassis besorgte Briefe geschrieben. Verena El Fehri von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention sagt: «Mit einem Zigarettenhersteller als Sponsor blamiert sich die Schweiz auf dem internationalen Parkett.»

Selbst das Bundesamt für Gesundheit kritisiere das EDA. «Die Zusammenarbeit mit einem Tabakkonzern im Rahmen der Expo in Dubai steht im Widerspruch zu unserer Präventionsstrategie», erklärte das Amt gegenüber den CH-Media-Zeitungen, die den Fall Dubai letzte Woche enthüllten. Gesundheitsminister Alain Berset stehe unter Druck, zu handeln, schreiben die Zeitungen. Selbst die frühere neuseeländische Premierministerin und ehemalige Chefin des Uno-Entwicklungsprogramms Helen Clark bezeichnete das Schweizer Tabaksponsoring auf Twitter als «besorgniserregend».

1,8 Millionen Tabakfranken für Schweizer Pavillon

45'000 Franken hat sich Philip Morris die Botschaftseröffnung in Moskau kosten lassen. Mit 1,8 Millionen Franken will der Konzern den Schweizer Pavillon in Dubai sponsern. Jetzt rumort es auch in Cassis' eigener Partei. FDP-Ständerat und Präventionsmediziner Felix Gutzwiller hält die EDA-Partnerschaft mit einem Tabakkonzern für «problematisch» und «für die Schweiz besonders heikel», so der «Tages-Anzeiger».

Aus dem EDA heisst es, Philip Morris sei in Dubai kaum sichtbar, und ein solcher Auftritt sei sowohl für den Bund als auch das beteiligte Unternehmen vorteilhaft. Zudem sei Philip Morris ein wirtschaftlich wichtiges Unternehmen mit Europa-Sitz in der Schweiz.

Der Konzern sponsere in Dubai lediglich eine Bar auf der Dachterrasse und werde nur seine elektrische Zigarette Iqos bewerben, die von Tabakfirmen als gesündere Alternative zu gerauchten Zigaretten angepriesen wird. Teer enthalten diese rauchfreien Zigaretten keinen, doch Nikotin wird noch verstärkt. (kes)

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